Rom – Die Verhandlungen über ein künftiges Regierungsbündnis zwischen dem populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega drohen zu politischen Chaostagen zu werden. Obwohl beide Seiten dem Quirinal, Sitz des Staatspräsidenten, bereits eine Einigung signalisiert hatten, dauern die Gespräche sowohl über das gemeinsame Programm wie auch die Ministerliste an. Öffentlichkeit und Medien reagieren zunehmend genervt auf das Schauspiel – die Zweifel an der Kompetenz der Darsteller wachsen.
Auch die Finanzmärkte reagieren negativ. Nachdem Details aus dem Koalitionsvertrag durchsickerten, ging die Mailänder Börse auf Talfahrt. Der Spread, der Zinsaufschlag auf italienische Staatsanleihen, kletterte in die Höhe. Ein deutliches Warnsignal; man fürchtet angesichts der teuren und irrationalen Vorhaben der Populisten einen Rückfall in die Schuldenkrise. Auf Mehrausgaben von rund 36 Milliarden Euro hatten Fachleute zuletzt die bislang bekannten Vorhaben von Lega und Grillini addiert.
Am meisten Kopfzerbrechen bereitet den wenig vertrauten Partnern die Suche nach einem geeigneten neutralen Kandidaten für das Amt des Premiers. Rund ein Dutzend Namen wurden bislang ventiliert und wieder fallengelassen. Eine Persönlichkeit von Format und internationalem Rang war nicht darunter. Bekannte Namen mit Regierungserfahrung sagten laut Presseberichten reihenweise ab. Niemand, der einen guten Ruf zu verlieren habe, wolle sich als Strohmann für dieses Himmelfahrtskommando zur Verfügung stellen. Staatspräsident Sergio Mattarella warnte die beiden Bündnispartner, Luigi di Maio und Matteo Salvini, bei einem Gespräch im Quirinal: Der Regierungschef sei „nicht der Pressesprecher von zwei Parteiführern“.
Verwirrung stiftete zudem ein Punktepapier aus den Koalitionsverhandlungen, das einigen Medien zugespielt worden war. Darin wurde explizit ein Referendum über den Verbleib im Euro gefordert. Zudem ein Erlass von Italiens Staatsschulden bei der Europäischen Zentralbank in Höhe von sagenhaften 250 Milliarden Euro. Das sorgte an den Finanzplätzen weltweit für erhebliche Zweifel am künftigen Kurs des Landes. Die beiden Parteichefs beteuerten eilig, dass es sich um einen veralteten Entwurf handle, der längst überholt sei. Einen Austritt aus dem Euro werde es nicht geben.
Auch Staatschef Mattarella hatte den Delegationen von Lega und Movimento vor Augen geführt, dass eine Volksabstimmung zu dem Thema kaum verfassungskonform sei, und auf die strikte Einhaltung der europäischen Verträge gepocht. Ende der Woche sollen die Verhandlungen nun endgültig abgeschlossen sein. In Ermangelung eines respektablen Premierministers von außen ist nun wieder die Rede von einem Wechselspiel zwischen den Fünf Sternen und der Lega zur Mitte der Legislaturperiode. Doch wetten mag in Rom darauf niemand mehr. Ingo-Michael Feth