Sofia – Es war eine perfekte Inszenierung. Erst die verbale Breitseite gegen US-Präsident Donald Trump. Dann das Säuseln der Diplomatie. Dazu prächtige Bilder im Sonnenschein vor dem Kulturpalast in Sofia: eine geschlossene Phalanx der Europäer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britischen Premierministerin Theresa May an der Spitze, die über die Brücke der Verliebten wandelt.
Mit verteilten Rollen setzten die Europäer bei ihrem Treffen in der bulgarischen Hauptstadt eine plakative Botschaft an einen amerikanischen Präsidenten, der ihnen zunehmend das Leben schwer macht: Wir sind auch wer und lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen, lautete die Botschaft, die sich die EU vielleicht sogar von Trump abgeschaut hat.
Den ersten Akt des Dramas bestritt am Mittwoch EU-Ratspräsident Donald Tusk – schon bevor Merkel und die übrigen EU-Staats- und Regierungschefs in Sofia eintrafen. Nach Trumps Abkehr vom Iran-Atomabkommen und dessen Drohung mit Strafzöllen gegen europäische Partner grollte Tusk: „Wenn man sich die jüngsten Entscheidungen von Präsident Trump ansieht, könnte man denken: ,Mit solchen Freunden, wer braucht da noch Feinde?‘“
Der zweite Akt folgte am Abend bei einem gemeinsamen Essen der EU-Spitzen im Tech Park in Sofia. Die 28 EU-Länder stünden geschlossen hinter Tusks Kernaussagen, berichteten Diplomaten danach. Man werde auch ohne die USA am Iran-Deal festhalten und europäische Unternehmen per Gesetz schützen, deren Geschäfte von US-Sanktionen bedroht sind. Und man bestehe auf einer dauerhaften Ausnahme von den US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Aber falls sich Trump darauf einlasse, dann sei man auch zu Gesprächen bereit – und zwar über einige für Trump wichtige Themen, die für die Europäer ziemlich schwierig würden.
Konkret soll es unter anderem um einen besseren EU-Marktzugang für amerikanische Autobauer und Flüssiggasproduzenten gehen. Zudem bieten die Europäer Gespräche über eine größere Öffnung öffentlicher Beschaffungsmärkte und eine mögliche Reform der Welthandelsorganisation WTO an. Letztere gilt als nicht mehr zeitgemäß, um zum Beispiel Preisdumping zu verhindern.
Den dritten Akt präsentierten die EU-Spitzen dann am Donnerstag: wieder verteilte Rollen, wieder dieselbe doppelte Botschaft. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz gab den jugendlichen Stürmer. Trumps unberechenbare Politik gefährde Europas Interessen, nicht zuletzt die wirtschaftlichen: „Das können und wollen wir uns so nicht bieten lassen.“
Dann folgte Merkel, die allzeit besonnen formulierende Staatsfrau. „Wir haben unsere Haltung in Blick auf den Wandel deutlich gemacht, Handelsfragen mit den Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte sie in der Sonne von Sofia. Der französische Präsident Macron bediente beide Seiten. Erst ließ er wissen, dass er Trumps Bemühungen unterstütze, das Atomabkommen mit dem Iran auszuweiten. Dann machte aber auch er klar, dass sich Europa nicht dem US-Druck beugen werden. Die EU sei entschlossen, ihre strategische und wirtschaftliche Souveränität zu wahren. V. Schmitt-Roschmann