Horst Seehofer hat erkannt: „Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit.“
Paradox an der vor allem in den begehrtesten Großstädten beklagenswerten Situation ist allerdings, dass trotz der unerschwinglichen Neubaumieten auch die Bauherren zu klagen haben. Im Mietwohnbau lasse sich keine angemessene Rendite mehr erzielen. Bei einem solchen Befund liegt der Verdacht nahe, dass mit unserer Wohnungsbaupolitik etwas nicht in Ordnung ist.
Für eine Senkung der Mieten käme es darauf an, das Angebot an Bauland zu vermehren. Das wäre sehr leicht möglich, wenn nicht die Gemeinden, die das Monopol in der Baulandentwicklung haben, mehrheitlich gegen die Ausweisung neuer Baugebiete wären. Von ihrem Standpunkt ist das konsequent, denn zusätzliche Einwohner bringen den Gemeinden in der Regel nichts im Gegensatz zu der Ansiedlung von Gewerbebetrieben. Die in Gemeinderäten vertretenen Grünen sind ohnehin jeder Landversiegelung abhold.
Innerhalb unserer Großstädte scheitert ein weiterer Ausweis von Bauland dazu am Widerstand der jeweiligen Anlieger. Besonders krass ist die Situation in Berlin, wo die Bevölkerung jährlich um etwa 40 000 Personen zunimmt und wo zum Beispiel 2016 nur 10 780 Wohnungen erstellt wurden. Hier könnte allein auf dem zentral gelegenen Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof eine ganze neue Stadt entstehen, wenn nicht eine Bürgerinitiative sich dagegen entschieden hätte.
Der zweite selbst gemachte Kostentreiber im Wohnungsbau sind überzogene Bauvorschriften und DIN-Normen. Deutsche Häuser sind statisch so ausgelegt, als müssten sie überall Regallager mit Büchern tragen und das 150 Jahre lang. Die Vorschriften zur Wärmedämmung sind strenger als in Alaska. Fast hat es den Anschein, als ob es eine geheime Kumpanei von Bauindustrie und staatlichen Stellen geben könnte. Das Teuerste ist gerade gut genug und wird dann gleich zur Mindestnorm erhoben oder gar behördlich vorgeschrieben.
Viel zu langsam erfolgt auch die in vielen Großstädten immer noch mögliche weitere Verdichtung durch den Ausbau vorhandener Gebäude. Endlose Genehmigungsverfahren verhindern das ebenso wie ein oft übertriebener Denkmalschutz.
Durch immer strengere Gesetze zur Mietpreisbremsung wird kein Quadratmeter neuer Wohnfläche geschaffen. Besser wäre es, die Baulanderschließung im Umland von Großstädten mehr als private Tätigkeit einzustufen, wie es vor dem Ersten Weltkrieg der Fall war. Damals sind durch sogenannte „Terraingesellschaften“ die schönen Gemeinden entstanden, die heute das Umland von Großstädten schmücken.
Dass ein größeres Angebot von Bauland und niedrigere Baukosten langfristig erfolgreich sind, zeigt das Beispiel der Schweiz. Obwohl es dort insgesamt weniger Platz gibt als im Flächenstaat Deutschland, wird dort inzwischen vor einer „Überproduktion“ von Mietwohnungen gewarnt. Die Eigentümer freuen sich darüber nicht, weil die Preise unter Druck kommen, für die Mieter aber ist es umso erfreulicher. Von Marktversagen kann hier keine Rede sein. Auch nicht von Umweltzerstörung trotz so vieler neuer Baugebiete. Daran sollte der „Heimatminister“ sich orientieren, statt immer mehr staatliche Bevormundung zu planen.
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