Sotschi – Zur Begrüßung überreicht Wladimir Putin der wiedergewählten Kanzlerin einen üppigen Rosenstrauß in Weiß-Rosa. Dazu lächelt er verschmitzt. Zumindest vordergründig geht es bei diesem Besuch von Angela Merkel an der „Russischen Riviera“ in Sotschi am Schwarzen Meer weniger frostig zu als bei ihrem letzten Treffen hier vor einem Jahr.
Für Merkel ist der russische Staatschef (auch im Vergleich zum sprunghaften US-Präsidenten Donald Trump) eine relativ verlässliche Größe. Das heißt aber nicht, dass sie sich Illusionen über seine Absichten macht – Rosen hin oder her. Zwar sagt sie, da „gibt es Themen, bei denen sind wir durchaus auch einer Meinung“. Doch mehr freundliche Diplomatie ist diesmal nicht.
Sie spricht mangelnde Pressefreiheit in Russland an und bittet Putin, „Fragen der kulturellen Freiheit“ noch einmal genau zu betrachten. Der bedeutende russische Theatermacher Kirill Serebrennikow sitzt seit neun Monaten in Hausarrest wegen angeblicher Unterschlagung. Dass Merkel dem Drängen einiger Politiker aus den östlichen Bundesländern nachgeben würde, die unbedingt eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland wollen, ist nicht wahrscheinlicher geworden.
Zählt man die Probleme im deutsch-russischen Verhältnis auf, wird die Liste sehr lang. Syrien steht schon seit Jahren darauf. Die Annexion der Halbinsel Krim. Die Unterstützung pro-russischer Separatisten in der Ostukraine. Hinzu kam jüngst noch das Nervengift-Attentat auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien. Bei einem Hacker-Angriff auf das Auswärtige Amt wird eine russische Urheberschaft vermutet.
Auf der Liste der gemeinsamen Anliegen stehen aktuell nur zwei Positionen: Erdgas und das Iran-Atomabkommen. Deutschland will an dem Abkommen mit Teheran festhalten, weil es einen atomaren Rüstungswettlauf in der Golfregion verhindern will. Es will auch die noch zaghafte Rückkehr deutscher Unternehmen in den Iran nicht wieder abbremsen. Für Russland ist die iranische Theokratie zwar ideologisch fremd, aber machtpolitisch interessant – als Verbündeter in Syrien und Gegengewicht zum eng mit den USA verbandelten Saudi-Arabien.
Bei der Gaspipeline Nord Stream 2 haben am vergangenen Dienstag in der Nähe von Greifswald die Baggerarbeiten begonnen. Die Leitung soll russisches Erdgas über die Ostsee nach Mittel- und Westeuropa transportieren. Dieses Projekt hat sowohl die um den Gas-Transit fürchtende Ukraine, die Europäische Kommission als auch die USA auf den Plan gerufen. Die USA sehen hier den Markt für ihr Flüssiggas in Europa schrumpfen. Putin verspricht, Moskau werde den Transit durch die Ukraine fortsetzen, „sollte er wirtschaftlich sinnvoll sein“. Das ist aus deutscher Sicht ein kleiner Fortschritt.
Dass Putin noch am Vorabend mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geredet hat, ist aus Sicht der Bundesregierung nicht unbedingt schlecht. Denn als wichtigste Schutzmacht der Assad-Regierung könnte Russland Maßnahmen stoppen, mit denen Damaskus eine Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland und anderen Staaten zu erschweren droht. Dazu gehört die Einführung eines neuen Personalausweises.