EU-Wahl: Berlin sagt ja zu transnationalen Listen

Macrons gefährliche Kreatur

von Redaktion

Im Ringen mit der CSU und der von Wien geschmiedeten „Achse der Willigen“ hat sich die Kanzlerin französischen Beistands versichert. Ob der in der „Meseberger Erklärung“ von Merkel und Macron verabredete Handel – deutsches Geld für den Eurozonenhaushalt als Gegenleistung für Pariser Hilfe im Asylstreit – die deutsche Regierungschefin auf dem EU-Gipfel rettet, wird man sehen. Frankreichs Präsident aber darf sich in jedem Fall die Hände reiben. Er hat Angela Merkel auch noch die Zustimmung zu seinem anderen Herzensanliegen abgeschwatzt: Zur Europawahl 2024 sollen – neben den bisherigen regionalen Parteien – erstmals staatenübergreifende, europaweite Kandidatenlisten antreten.

Macron will seine bisherige nationale Bewegung „En Marche“ in eine europäische Kraft transformieren – und damit die Parteienlandschaft in der EU umpflügen. Doch die Sache mit den neuen „Bewegungen“ anstelle der alten nationalen Parteien ist gefährlich. Und das nicht nur, weil kleinere Länder untergebuttert würden. Was, wenn die Rechte als geeinte europäische Kraft mit Lega Nord, AfD, Front National, Schwedendemokraten, Wilders-Partei und Vlaams Belang die Mehrheit erringt? Keine „Bewegung“ ist derzeit machtvoller. Dann hätten Macron und Merkel eine Kreatur ins Leben gerufen, die mit Europa ganz anderes im Sinn hat als die Gründerväter der EU. Mal ganz abgesehen davon, dass zum Beispiel Wähler im Freistaat ihr Kreuz nicht mehr bei den ihnen bekannten bayerischen Abgeordneten von CSU, Freien Wählern oder Grünen machen könnten, sondern nur noch bei weitgehend anonymen Listen. Bürgernäher macht man Europa so ganz gewiss nicht.

Georg Anastasiadis

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