Das Treffen Trumps mit Putin war, so sieht es jedenfalls die russische Seite, „das wichtigste internationale Ereignis dieses Sommers“. Das ist insoweit richtig, als nach Trumps rabiatem Nato-Auftritt und seinen Tweets im Vorfeld des Gipfels endgültig Klarheit über den großen geostrategischen Plan des US-Präsidenten herrscht: Er sieht die großen Wirtschaftsmächte China und EU (insbesondere Deutschland) als Gegner, wenn nicht sogar „Feinde“ der USA. Dem aus Trumps Sicht wirtschaftlich ungefährlichen Russland hingegen kommt in diesem globalen Monopoly eher die Rolle eines natürlichen Verbündeten Amerikas zu.
Gemeinsame Werte? Demokratie? Spielen in der Weltsicht des Handelskriegers Trump, dem es letztlich nur um die Interessen seiner Wähler im industriell abgehängten „rost belt“ geht, eine untergeordnete, eher lästige Rolle. Das trifft sich mit den Plänen Putins. Auch er will, so wie Trump, die verhasste EU spalten, um seine Einflusssphäre zu erweitern. Auf Deutschland und seine Kanzlerin zielen beide: Trump, weil ihm „made in Germany“, also das merkantilistische, auf Job-Import angelegte Handelsmodell ein Dorn im Auge ist. Putin, weil er Angela Merkel als das zentrale Hindernis sieht, die Sanktionen endlich zu Fall zu bringen. So wie Trump die Briten will Putin die Osteuropäer aus Europa herausbrechen; es muss ja nicht in jedem Fall so brutal geschehen wie im Fall der Ukraine.
Es ist kein Zufall, dass zur gleichen Zeit, da in Helsinki zwei Spieler – ein Ex-KGB-Chef und ein milliardenschwerer Dealmaker – unter reichlich konspirativen Umständen, allein und über die Köpfe der Verbündeten hinweg die Annäherung aneinander zelebrierten, in Peking China und die EU ihre Beziehungen zu stärken suchten. EU-Ratspräsident Tusk gab sich gar keine Mühe, den Bruch mit dem alten Freund zu kaschieren, als er sagte: „Wir sind uns alle der Tatsache bewusst, dass sich die Architektur der Welt vor unseren Augen ändert.“ China ist alles andere als ein uneigennütziger Partner. Solange Amerika, der abtrünnige Freund, und Russland, der schwierige Nachbar, aber Hardball mit Europa spielen, kann sich die EU ihre Freunde nicht aussuchen. Vor allem duldet der Ausbau eigener Verteidigungskapazitäten keinen Aufschub mehr. Denn die Nachkriegsordnung ist zerbrochen, und keiner weiß heute, was aus dem Sturz der Bündnisse noch alles folgt.
Georg Anastasiadis
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