Verheerende Reaktionen auf Trump

D-Day

von Redaktion

Der 16. Juli 2018, der 542. Tag in der Amtszeit von Donald John Trump als Präsident der USA, wird in die Geschichte eingehen. Definitiv aus internationaler Sicht, weil Trump mit seinem Auftritt neben Wladimir Putin endgültig das amerikanische Selbstverständnis als (moralische) Welt-Supermacht preisgegeben hat – und so die Statik der Welt ins Wanken bringt. Womöglich aber auch innenpolitisch: Nie zuvor fielen Erzkonservative und Liberale gleichermaßen über diesen unberechenbaren Präsidenten her. 541 Tage lang hatte man Trumps ebenso rücksichtslosen wie unberechenbaren Führungsstil akzeptiert, aber der Schulterschluss mit dem alten Klassenfeind gegen das eigene Land war dann selbst jenen zu viel, die das angeblich so abgehobene Washington am liebsten einreißen würden.

Noch ist schwer abzuschätzen, welche Dynamik dieser Unmut entwickelt. Sicher ist aber, dass den Midterm-Wahlen am 6. November, bei denen ein Drittel der Senatoren und das ganze Repräsentantenhaus neu bestimmt werden, eine entscheidende Rolle zukommt. Angesichts des Debakels von Helsinki ging fast ein wenig unter, dass Trump unmittelbar zuvor die Staaten der EU als „Feinde“ bezeichnet hatte. Aus deutscher Sicht war dies der größere Tabubruch: 541 Tage lang hatte man so getan, als sei Trump nur eine kuriose Randerscheinung der schon sieben Jahrzehnte währenden Partnerschaft. Doch wenn die Amerikaner ihm nun am 6. November nicht mit einem klaren Sieg der Demokraten die Hände binden, muss auch das transatlantische Verhältnis neu gedacht werden.

Vielleicht hat diese denkwürdige Europareise Trumps aber auch etwas Reinigendes: Er zeigt all jenen, die mit den traditionellen Regierungsstilen der Merkels, Macrons und Mays hadern, dass der Ruf nach starken Männern die Probleme nicht löst, sondern nur vergrößert. Regieren ist in dieser komplexen, globalen Welt ein zähes Geschäft, meist gibt es kleine Erfolge, oft nur mühselige Kompromisse. Einfache Parolen à la „Make America great again“ mögen verlockend klingen. Doch sie sind hohl.

Mike Schier

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