Nach dem Helsinki-Treffen – ein solcher Tiefpunkt in der Geschichte der US-Außenpolitik hat das Wort „Gipfel“ nicht verdient – gibt es nur eine Frage: Ist Donald Trump ein bewusster Handlanger Vladimir Putins oder das, was Putins Namensvetter Wladimir Lenin einst als „nützlichen Idioten“ bezeichnete? Oder beides?
Dass Donald Trump Putin geholfen hat, steht außer Frage. Erst die öffentliche Demontage Deutschlands und Englands, immerhin zwei der drei wichtigsten Verbündeten in Europa. Dann die Behauptung, die EU sei ein Gegner der USA. Schließlich das öffentliche Bekenntnis zu Putins Sicht der Dinge: Die USA seien an den schlechten Beziehungen zu Russland schuld und Putin habe keinen Grund gehabt, sich in die letzten Präsidentschaftswahlen einzumischen. Dass seine eigenen Geheimdienste das Gegenteil ausführlich nachgewiesen haben, ist dabei egal. Laut Trump habe Wladimir Putin eine überzeugende Antwort auf diese Frage gegeben. Das Resultat dieser verheerendsten aller bisherigen Auslandsreisen des US-Präsidenten ist ein gravierender Image-Verlust der USA, die Schwächung der westlichen Allianz und die Bestätigung der Außenpolitik Putins in der eigenen Innenpolitik. Zumindest seit der Veröffentlichung des sogenannten „Steel Dossiers“ fragen wir uns alle, ob der russische Geheimdienst kompromittierendes Material über den US-Präsidenten besitzt. Die vermeintlichen Bilder von Fetisch-Eskapaden in einem Moskauer Hotelzimmer sind hier weniger interessant. Gefährlicher für den Präsidenten sind die Behauptungen, dass er sein Immobilien-Imperium während der Finanzkrise nur mithilfe von Geldwäsche über Wasser halten konnte. Dabei sollen russische Oligarchen eine Rolle gespielt haben. Die Tatsache, dass sich Trump und Putin in Helsinki für anderthalb Stunden alleine getroffen haben – nur die Übersetzer waren dabei – gießt noch mehr Öl ins Feuer solcher Befürchtungen. Aber es gibt auch psychologische Erklärungen. Ein Mann, der vom New Yorker Establishment nie akzeptiert wurde, will es diesem beweisen. Mit schönen Frauen, die er nur als Bestätigung seiner Männlichkeit wahrnimmt, versucht er seine Überlegenheit über weniger erfolgreiche Romeos zu beweisen. Starke Frauen kann er nicht ertragen. Sie stellen eine Bedrohung dieser falsch verstandenen Männlichkeit dar. Es ist kein Zufall, dass er stets auf Hillary Clinton, Angela Merkel und Theresa May zielt. Überlegenheit versucht er auch durch die Zerstörung von all dem, wofür das Establishment steht, zu zeigen. Dazu gehören natürlich auch die Institutionen der Nachkriegsordnung, inklusive der Nato.
Für einen solchen Mann ist nicht derjenige souverän, der sich und seine Impulse im Sinne der gesellschaftlichen Ordnung beherrscht, sondern derjenige, der etablierte Traditionen, Normen und Institutionen ignorieren und selbstbezogen impulsiv handeln kann. Dieser wird von Trump beneidet, sogar bewundert. Er heißt Putin, und durch die Hilfe seiner Handlanger geraten wir jetzt alle in Gefahr.
Der Autor
Professor James Davis ist Amerikaner und lehrt Politische Wissenschaften an der Universität St. Gallen. Er unterstützt Hillary Clinton.