Bayerntrend

CSU im Keller: „Streit nützt nie“

von Redaktion

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

München – Man kann ihn nicht faul nennen, nicht bräsig. Hinter Markus Söder liegen Tage, die mit Terminen aberwitzig vollgestopft sind. Elf Bierzeltreden und Großkundgebungen in zehn Tagen. Als Ministerpräsident ein Wust an Ortsterminen, allein seit Samstag die Schau mit den Flugtaxis, der Grundstein fürs Strafjustizzentrum, das Samba-Festival in Nordfranken, das Gaufest am Chiemsee, die ICE-Taufe, die Baukonferenz, der Ortstermin bei der Grenzpolizei, die Kabinettssitzung, Forstmesse und Handwerks-Empfang.

Und dann kommen diese Zahlen. Am Mittwochnachmittag veröffentlicht der BR seinen großen „Bayerntrend“, die wichtigste Umfrage des Landes. Es ist die schlimmste Ohrfeige, die Söder und seine CSU in der 20-jährigen Geschichte dieser Zahlen je erhalten haben; die schlechtesten Werte, die je ein Ministerpräsident erreichte, das demoskopische CSU-Rekordtief.

Mit 38 Prozent könnte die CSU nicht mehr alleine regieren. Nicht mal mehr mit der FDP würde es reichen, mit den recht heterogenen Freien Wählern nur hauchdünn. Der Auslöser der für die CSU düsteren Zahlen ist in der Partei jedem klar: der Streit um die Asylpolitik, das tagelange Spektakel um die Rücktrittsdrohungen von CSU-Chef Horst Seehofer. „Die Stimmungsdelle war nach den letzten Wochen leider erwartbar“, sagt Söder. „Streit nützt nie.“ Er äußert sich ungewöhnlich demütig, adaptiert einen Spruch, den PR-Strategen in aller Welt nur nach Unglücksszenarien hervorholen: „Wir haben verstanden.“ Jetzt setze man auf Landespolitik pur, sagt der Ministerpräsident. Er will die CSU als „Stabilitätsanker“ präsentieren.

Sich rauszuhalten aus Berlin war ja sein Plan, ehe er sich im Juni in Asyl-Debatten zu schroffen Worten verlocken ließ. Das hat sich nicht gelohnt. 78 Prozent der Bayern sagen, die unionsinterne Auseinandersetzung um den Kurs habe der CSU geschadet; das meinen selbst 68 Prozent der CSU-Anhänger. Dabei geht es eher um den Stil als um das Politikfeld – mehr als jeder zweite Wahlberechtigte hält Zuwanderung und Integration für das wichtigste Thema.

Auffällig: Söder und Seehofer sacken parallel ab. Seehofers Schulnote 3,9 (die schlechteste in der Geschichte der Umfrage) und Söders 3,4 passen zu den Werten für Bundesregierung (66 Prozent unzufrieden) und Staatsregierung (50 Prozent unzufrieden). „Dramatik, Stil und Rhetorik der unionsinternen Konfrontation zur Flüchtlingspolitik haben die Bayern in den letzten Wochen offenbar deutlich irritiert“, sagt Andreas Bachmann, Redaktionsleiter der BR-Sendung „Kontrovers“. „Die Eskalation zwischen CDU und CSU hat aus meiner Sicht wesentlich zur Verunsicherung der Wahlberechtigten beigetragen.“

Bis 14. Oktober das Ergebnis zu drehen, wird schwierig – zumal die Briefwahlphase ja schon im September einsetzt. Söders Leute machen sich damit Mut, dass erst 45 Prozent der Wähler festgelegt sind, ein Detail aus der Umfrage, für die zwischen 11. und 16. Juli 1003 Bayern von Infratest dimap befragt wurden. Seehofer schweigt vorerst, wie die meisten in seiner engeren Parteiführung, klagt nur allgemein über eine Kampagne gegen sich und die CSU. Hans Reichhart, Chef der Jungen Union, sagt knapp: „Das war nach der Leistung der letzten Wochen zu erwarten.“ Jetzt gelte es, die Unentschlossenen mit guter Landespolitik zu überzeugen.

Offene Vorwürfe aus der ersten Reihe der CSU an Söder oder Seehofer bleiben vorerst aus – auch von internen Kritikern. Die Ursache sei so deutlich, dass es keiner Kommentare bedürfe, lässt einer ausrichten.

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