Knapp drei Monate vor der Landtagswahl dürfte in der CSU die nackte Panik um sich greifen: 38 Prozent in der Sonntagsfrage (bei der Wahl 2013 waren es 47,7), sinkende Werte für den Ministerpräsidenten, dramatische Noten für den CSU-Chef – der BR-Bayerntrend droht das Selbstverständnis, mit dem die Partei den Freistaat jahrzehntelang allein regierte, zu pulverisieren. Die Frage lautet: Verspielt da eine Partei ihre sehr gute Regierungsbilanz mit einer von Nervosität geprägten Asylpolitik?
Der Fehler der letzten Tage lag nicht darin, das Thema Zuwanderung oben auf die Agenda zu setzen. Der Fehler lag in falscher Prioritätensetzung und im falschen Ton. Horst Seehofer, Alexander Dobrindt, aber auch Markus Söder erweckten den Eindruck, als begehrten wieder tausende Flüchtlinge an der Grenze Einlass. Tatsächlich liegen die Probleme anderswo: bei den Verfahren, den stockenden Abschiebungen, fehlenden internationalen Verträgen, mangelnden Perspektiven für viele Migranten und dadurch geförderte Kriminalitätsprobleme. Vieles davon hätte Seehofer mit 62 Punkten seines „Masterplans“ abräumen können – die CSU stritt nur laut über den 63sten.
Nun erhält sie die Quittung: Nicht die AfD legt in der Umfrage zu, eher wenden sich Wähler der Mitte genervt ab. Söder hat längst eingesehen, dass es ein Fehler war, die Rolle des Landesvaters ohne Not gegen die des Scharfmachers einzutauschen. Jetzt steuert er wieder radikal um. Das muss man nicht glaubwürdig finden – da aber die Hälfte der Bayern noch unentschlossen ist, sollten auch die Abgesänge auf die CSU nicht zu früh einsetzen.
Mike Schier
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