Flüchtlingszentren in der EU

Es mangelt am Willen

von Redaktion

Die Wahrheit ist ein schwieriges Ding, das gilt auf dem Land und auf dem Wasser. Wahr ist, dass es sich ein auf Humanität gegründetes Europa niemals leisten darf, Menschen sehenden Auges im Meer ertrinken zu lassen. Wahr ist aber auch, dass die Versorgung der Geretteten nicht die alleinige Aufgabe eines Landes (Italiens) sein kann. Ohne europäische Lösung geht es also nicht. Die Brüsseler Vorschläge, Zentren für Bootsflüchtlinge in der EU und in Nordafrika zu errichten, sind daher überfällig.

Im Idealfall könnte der Effekt solcher Zentren mehrfach positiv sein: Das unwürdige Schachern darum, wer Menschen retten darf und welches Land die Geretteten aufnimmt, würde ein Ende haben. Die Flüchtlinge hätten schnell Klarheit über ihre Bleibeperspektiven in der EU. Es käme zu einer faireren Lastenteilung unter den Mitgliedsstaaten. Und wenn es besonders gut liefe, würden sich Menschen gar nicht mehr auf den Weg übers Meer machen, weil sie eine Anlaufstelle in Nordafrika hätten.

Aber der Idealfall ist in der EU keine wirklich denkbare Kategorie. Brüssel, so scheint es, kann seine Mitglieder mit noch so viel Geld und personeller Unterstützung locken – vielen mangelt es trotzdem am Willen, freiwillig mitzuziehen. Dass ausgerechnet Italien die Vorschläge als Erstes und am lautesten mit dem Verweis abbügelt, man brauche „keine Almosen“, spricht Bände. Europa muss sich schon fragen, ob es überhaupt an einer gemeinsamen Lösung jenseits der völligen Abschottung interessiert ist. An den Brüsseler Vorschlägen liegt es jedenfalls nicht.

Marcus Mäckler

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