Es gibt kaum eine Bevölkerungsgruppe, die im politischen Alltag so vergessen wird wie die Alleinerziehenden. Während Ärzte und Unternehmer, Arbeitnehmer und Rentner sehr genau wissen, wie sie sich bei Abgeordneten und Ministern in Berlin Gehör verschaffen, haben Mütter (und Väter), die alleine Kinder aufziehen, dafür schlicht keine Zeit. Sie sind vollauf damit beschäftigt, ihren Alltag zu organisieren und dabei finanziell über die Runden zu kommen. Meist mehr schlecht als recht.
Die Zahlen sind geradezu skandalös: Während die Zahl der Kinder, die mit nur einem Elternteil aufwachsen, stetig weiter steigt, konnte das Armutsrisiko in den vergangenen Jahren kaum gesenkt werden. Hunderttausende Kinder wachsen also in finanzieller Not auf. Gerade im wohlhabenden Oberbayern mit seinem explodierenden Mietmarkt ist das Problem besonders drängend.
Nur 27 Prozent der alleinerziehenden Mütter mit kleinen Kindern gehen einer Beschäftigung nach. Weil es noch immer zu wenig Kitas gibt – und wenn, dann sind sie teuer oder haben Öffnungszeiten, die mit einem immer mehr Flexibilität einfordernden Arbeitsalltag nicht in Einklang zu bringen sind. Und wenn die Kinder älter werden, ist an vielen Schulen Ganztagsbetreuung noch immer ein Fremdwort. Probleme übrigens, unter denen auch viele Paare leiden, die auf zwei Einkommen schlicht angewiesen sind. Doch wo man zu zweit vieles noch irgendwie improvisieren kann, ist man allein völlig verloren. So werden auch gut ausgebildete Menschen, die arbeiten wollen, zu Bittstellern. Daran kann niemand Interesse haben.
Mike Schier
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