Viele Alleinerziehende in Not

von Redaktion

Kinder bleiben ein Armutsrisiko: Das gilt vor allem für Eltern, die ihren Nachwuchs ohne Partner großziehen

Berlin – Mütter und Väter, die ihre Kinder alleine großziehen, leben trotz leichter Verbesserungen weiterhin häufig unter prekären finanziellen Bedingungen. Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ist in den vergangenen Jahren zwar leicht gesunken – es liegt aber noch immer weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Das geht aus neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden.

Von den Erwachsenen und Kindern, die im Haushalt eines Alleinerziehenden leben, waren demnach im Jahr 2011 noch 37,1 Prozent von Armut bedroht – bis 2016 ging diese Quote auf 32,6 Prozent zurück. In Haushalten, in denen zwei Erwachsene mit Kindern leben, waren allerdings nur 11,0 Prozent von Armut bedroht. Unter Statistikern gelten Personen immer dann als armutsgefährdet, wenn ihnen weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung stehen.

Dieser statistische Wert hat für die Betroffenen ganz konkrete Auswirkungen: So können sich 39 Prozent der Alleinerziehenden noch nicht einmal eine einwöchige Urlaubsreise mit ihren Kindern leisten. Im Vergleich dazu müssen von der der Gesamtbevölkerung nur 19 Prozent ihren Jahresurlaub unfreiwillig zu Hause verbringen.

Die Diakonie Deutschland wirbt deshalb für eine staatliche Kindergrundsicherung. Nur so könnten die betroffenen Kinder unter gleichen Bedingungen aufwachsen wie ihre finanziell bessergestellten Altersgenossen, sagte Maria Loheide, Diakonie-Vorstand Sozialpolitik, in Berlin. Mehr Hilfen bei Hausaufgaben oder kostenlose Mittagessen in Kita und Schule müssten dazukommen.

Unterstützung tut jedenfalls not, denn mittlerweile handelt es sich bei fast jeder fünften Familie um einen Alleinerziehenden-Haushalt: Ihr Anteil an den Familien stieg in den vergangenen 20 Jahren von 14 auf 19 Prozent. Für sie hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bereits mehrere Projekte in Planung. Dazu gehören eine Reform des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familien sowie ein Gesetz für eine verbesserte Kita-Betreuung. „Gerade Alleinerziehende sind angewiesen auf gute Kitas und Kindertagespflege“, erklärte Giffey. „Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nur dann gehen, wenn es gute Betreuungsmöglichkeiten gibt.“

Das deckt sich mit den Erkenntnissen der Statistiker. Von den alleinerziehenden Müttern – Frauen machen fast 90 Prozent der Alleinerziehenden aus – gehen bis zum dritten Geburtstag des Kindes nur 27 Prozent einer Erwerbstätigkeit nach. Mehr als die Hälfte von ihnen wäre „an der Aufnahme einer Arbeit interessiert“, wie es in der Studie heißt. Doch aus „familiären oder persönlichen Gründen“ sahen sich viele nicht in der Lage, tatsächlich eine Beschäftigung aufzunehmen.

Dies betrifft auch immer mehr westdeutsche Mütter. Der Anteil der Alleinerziehenden in Ostdeutschland ist zwar immer noch sehr hoch – so haben Berlin mit 27,6 und Thüringen mit 25,1 Prozent die höchsten Quoten – was aber auch daran liegt, dass die Zahl der Ehepaare mit Kindern stark gesunken ist. Doch auch in Westdeutschland ist die Zahl stark steigend: Von 950 000 vor 20 Jahren auf knapp 1,2 Millionen im Jahr 2017. In den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg mit 15,3 Prozent und Bayern mit 16,2 Prozent liegt sie noch vergleichsweise niedrig. A. Hofmann/B. Wegener

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