Das Verhältnis der einzigen großen C-Partei in Bayern, der CSU, zu den christlichen Kirchen scheint aus den Fugen geraten zu sein. Seit 2015 schwelt der Streit um die richtige Bewältigung von Einwanderung und Flüchtlingswellen. Hinzu kam der heftige Konflikt darüber, ob es verantwortlich ist, Kreuze im Eingangsbereich staatlicher Gebäude anzubringen. Manche Stimmen aus den Kirchen kritisieren das „C“ im Parteinamen als heuchlerisch.
In aufgewühlten Diskussionszeiten lohnt ein nüchterner Blick auf die Fakten ganz besonders. Welche Parteien haben in zentralen Themen Schnittmengen mit den christlichen Kirchen?
Die AfD bestreitet seit ihrem Bundesparteitag 2017, dass die Kirche gesellschaftlichen Zusammenhang stifte, Schnittmengen sind schwer zu finden.
Die Linke will den erwerbsarbeitsfreien Sonntag schützen, möchte aber Kirchensteuer, Staatsleistungen an die Kirche, Militärseelsorge abschaffen sowie Streikrecht und betriebliche Mitbestimmung für die annähernd eine Million Beschäftigten in kirchlichen Tendenzbetrieben einführen.
Die FDP positioniert sich klar zur Religionsfreiheit, sorgt sich aber besonders um den Schutz satirischen Umgangs mit Religion und möchte den „Blasphemie-Paragrafen“ (§166 StGB) abschaffen.
Die Grünen beschäftigen sich ebenso mit der Abschaffung von §166 wie mit der wachsenden Zahl von Bekenntnislosen und verlangen Neutralität allen Religionsgemeinschaften gegenüber.
Die SPD lobt die Kirchen und Religionsgemeinschaften neben Gewerkschaften und anderen Vereinigungen besonders für ihre „unverzichtbare Arbeit“ in der Wohlfahrtspflege.
Nur wenig Aufwand bedarf es, Gemeinsamkeiten der CSU mit den Kirchen zu finden: Christliche Feiertage schützen, Staatsleistungen für die Kirchen nachhaltig beibehalten, Religionsunterricht in den Schulen verankern, das kirchliche Arbeitsrecht respektieren, Militärseelsorge bewahren. Auch das Werbeverbot für Abtreibung gehört dazu; die Auflistung von Schnittmengen ließe sich weiter fortsetzen.
Seit dem Investiturstreit und der „Zwei-Schwerter-Lehre“ des Mittelalters haben sich in einem Jahrhunderte dauernden Prozess die Trennung von Staat und Kirche einerseits und die Kooperation andererseits – wie in den Konkordatsverträgen etwa mit der katholischen Kirche – als klug herausgestellt. Dieser historische Prozess ist nicht beendet oder in Stein gemeißelt. Aber allzu viel Porzellan zu zerschlagen, nützt einer gedeihlichen Weiterentwicklung des so wichtigen Verhältnisses zwischen Kirchen und Parteien nicht, weil damit früher oder später auch die sensible Beziehung zwischen Kirche und Staat berührt würde.
Franz Josef Strauß wird eine prägnante Analyse des „C“ im Parteiennamen zugeschrieben. Danach könne niemals der Anspruch auf christliche Politik erhoben werden, weil schlichtweg unerfüllbar. Wohl aber sei die Gestaltung der Politik aus christlicher Verantwortung unverzichtbar. Vielleicht ein guter Hinweis, weniger Trennendes und mehr Gemeinsames zu suchen.
Die CSU und die Kirche – „Das Gemeinsame suchen“