Verfassungsschutzbericht

„Islamismus bleibt größte Gefahr“

von Redaktion

München – Köln im Juni: Die Polizei nimmt einen Tunesier fest, der wohl einen Anschlag mit dem Bio-Kampfstoff Rizin plante. Passiert ist nichts und der Fall spielt in einiger Entfernung vom Freistaat. Den hiesigen Sicherheitsbehörden ist er trotzdem eine Warnung. Islamisten seien nun sogar bereit, biologische Kampfstoffe einzusetzen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gestern bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz des Verfassungsschutzes. Auch deshalb hält er den Islamismus für die größte Bedrohung der Gesellschaft – wenn auch nicht die einzige.

Islamismus: Der Freistaat ist zuletzt von terroristischen Anschlägen verschont geblieben. Auch die befürchtete Rückkehrwelle radikalisierter Islamisten blieb laut Herrmann aus. Trotzdem seien die Behörden wegen des beachtlichen Rückkehrer-Potenzials wachsam. Deutschlandweit sind seit 2012 mehr als 1000 Menschen in Krisengebiete im Nahen Osten ausgereist, um zu kämpfen, 71 davon aus Bayern. Unter ihnen halten sich auch rund 20 Minderjährige auf. Außerdem im Fokus der Behörden: Die salafistische Missionierungsarbeit. Sie finde in immer konspirativeren Zirkeln statt, sagte Herrmann – geschlossene Internetforen und heimliche Hinterzimmertreffen inklusive.

Rechtsextremismus: Die Zahl rechtsextremistischer Delikte nimmt ab. Im ersten Halbjahr 2018 zählten die Behörden 577 Straftaten, darunter 15 Gewalttaten. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 657 Straf- und 39 Gewalttaten. Grund dafür seien die sinkenden Flüchtlingszahlen, sagte der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz, Burghard Körner. Mit ihnen schwänden auch die Flüchtlingsheime als Angriffsziele.

Zugleich warnen die Behörden aber vor dreisten Aktionen rechtsextremer Gruppen. Manche führten Streifen- oder Patrouillengänge in bayerischen Orten durch, um die Bevölkerung zu verunsichern. Die „Identitäre Bewegung“ schüre Panik, indem sie etwa Taschenalarme mit 120 Dezibel an Frauen verteile – als Schutz vor Flüchtlingen.

Reichsbürger: Gemessen an den bundesweiten Zahlen fühlen sich die sogenannten Reichsbürger im Freistaat besonders wohl. Die Behörden rechnen 4200 Menschen dieser Szene zu, damit ist jeder vierte „Reichsbürger“ im Freistaat daheim. 400 gehörten zum harten Kern, sagte Herrmann. Bislang wurden den Mitgliedern 358 waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen, 655 Waffen wurden abgegeben.

AfD: Die Partei als Ganzes wird nicht beobachtet, wohl aber einige ihrer Funktionäre. Manche stünden „mit Reichsbürgern und Rechtsextremen in Zusammenhang“, sagte Behördenchef Körner. Es handele sich um eine „niedrige zweistellige Zahl“.

Linksextremismus: Innenminister Herrmann macht bundesweit eine „stetig wachsende Gewaltbereitschaft“ unter Linksextremen aus – die Zahlen in Bayern laufen dem Trend aber entgegen. Waren es im ersten Halbjahr 2017 noch 24, zählten die Behörden bis Ende Juni dieses Jahres genau 17. Im gleichen Zeitraum stieg aber die Zahl der Straftaten insgesamt leicht an: von 201 im ersten Halbjahr 2017 auf 238 in diesem Jahr. Herrmann kritisierte, dass die Szene es zunehmend darauf abgesehen habe, den demokratischen Rechtsstaat zu zerstören – und zwar unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Rechtsextremismus.

Cyber-Sicherheit: 2013 startete das sogenannte Cyber-Allianz-Zentrum in Bayern. Die Bilanz bisher: laut Herrmann durchaus positiv. In rund 900 Fällen seien die Spezialisten um Unterstützung gebeten worden – in etwa 200 davon habe Verdacht auf einen Angriff fremder Nachrichtendienste bestanden. So konnte etwa eine mutmaßlich iranische Cyberattacke aufgedeckt werden, die auf deutsche Unternehmen abzielte.

Islamfeindlichkeit: In München hat sich im März eine neue islamfeindliche Gruppe formiert, angeführt von bekannten Islamfeinden. Der Verfassungsschutz beobachtet die Gruppierung, die erstmals mit der Demo unter dem Titel „Pegida – das Original“ in München auftrat, seither genau.  mmä

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