Berlin – Über Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther ist am Wochenende eine innerparteiliche Welle der Entrüstung losgebrochen. Ausgelöst haben das Gedankenspiele des CDU-Politikers zu Kooperationen mit der Linkspartei in Ostdeutschland. Dort sei die Parteienlandschaft eine andere als im Westen, sagte Günther der „Rheinischen Post“. „Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.“
„Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen“, sagte Günther weiter. Es sei gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. „Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist.“
In den eigenen Reihen reichten die Reaktionen von kühler Distanz bis Fassungslosigkeit. Einer, der es besonders eilig hatte, war Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Beide Parteien trennten Welten, sagte er. „Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.“ Klar: Günthers Wortmeldungen kann der Chef einer schwarz-grünen Koalition gar nicht gebrauchen, rund zwei Monate vor der hessischen Landtagswahl am 28. Oktober.
Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich meinte, „Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren“. Bayerns ehemaliger Kultusminister Ludwig Spaenle nannte den Vorstoß „geschichtslos“ und „peinlich“. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte die Positionen von CDU und Linken für „unvereinbar“. Der CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, Vincent Kokert, reagierte bedächtiger. Zwar fehlten für eine Koalition derzeit die politischen Schnittmengen. Er erlebe die Linke im Osten aber als relativ pragmatische Partei. „Viele ihrer Verantwortungsträger haben keinen Bezug mehr zum DDR-Unrecht.“
Schließlich schaltete sich auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ein. „Wir lehnen eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatische Kopf dabei ist.“
Günther, der eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP führt, wurde offenbar unwohl. „Eine Koalition mit der Linkspartei lehne ich entschieden ab“, ließ er später am Wochenende wissen. Seine Äußerungen hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswahl keine Mehrheiten gegen Linke und AfD möglich seien. Wegen der Schwäche der SPD insbesondere im Osten sei die Gefahr dieses Szenarios weiter vorhanden. „Hier habe ich Verständnis für die Position von CDU-Politikern, die aufgeschlossen sind für Gespräche über eine inhaltliche Zusammenarbeit in Sachfragen, um Länder nicht unregierbar zu machen.“
Auch bei der Linken selbst hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte: „Demokratische Parteien müssen prinzipiell gesprächsbereit sein, aber Union und Linke trennen in zentralen Fragen politische Welten.“ Die Linkspartei ist in Ostdeutschland stark und war mittlerweile in allen Ländern außer Sachsen schon Teil der Regierung – allerdings nie in einem Bündnis mit der CDU. » Kommentar