Wie kaum ein anderer amerikanischer Präsident ist Donald Trump bereit, die Wirtschafts- und Handelsmacht des Landes für eine Diplomatie der Daumenschrauben zu nutzen. Die Folgen bekommt derzeit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu spüren. Der Rekord-Absturz der türkischen Lira und die damit verbundene Krise für die heimische Wirtschaft bringen – einmal mehr, siehe das Griechenland-Schuldendrama – europäische Banken in Bedrängnis. Verwerfungen auf den Finanzmärkten scheinen deshalb nur eine Frage der Zeit. Was wiederum zur Debatte machen muss, wie angemessen die Aktionen des Weißen Hauses gegenüber dem Nato-Mitglied Türkei sind, dessen Kooperation die USA auch mit Blick auf Syrien und den Irak braucht.
Natürlich: Die seit Monaten anhaltende Festsetzung des amerikanischen Pfarrers Andrew Brunson sowie von türkischen Mitarbeitern des US-Außenministeriums ist unakzeptabel – und kein neuer Kurs Erdogans, ruft man sich das Schicksal des „Welt“-Korrespondenten Denis Yücel in Erinnerung, der über ein Jahr in türkischer Haft schmorte. Auch, weil die Bundesregierung und die so konfliktscheue Kanzlerin Angela Merkel die Sache mit viel zu sanfter Hand behandelten. Doch Trumps Vorgehen steht für das andere Extrem. Zudem vertritt Trumps Anwalt Jay Sekulow auch Pfarrer Brunson. Was die Spekulation nährt, dass der Präsident hier auch seinem Freund Sekulow unter die Arme greifen und gleichzeitig bei den christlichen Wählern in den USA punkten will. Einiges spricht dafür, dass dies zu einer Politik ohne Augenmaß geführt hat – und eine weitere Eskalation droht.
Friedemann Diederichs
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