München/Berlin – Daniel Günther, Schleswig-Holsteins betont liberaler CDU-Ministerpräsident, sorgt mal wieder für Gesprächsstoff. Abgelehnte Asylbewerber sollen leichter Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen, fordert er, einen „Spurwechsel“ aus dem Asyl- ins Aufenthaltsrecht. Rückendeckung gibt es vor allem von SPD, Grünen und FDP. Günthers niedersächsischer SPD-Kollege Stephan Weil etwa will Geduldeten so zu Lohn und Brot verhelfen, wenn sie gut integriert sind. Aber worum geht es genau? Was dürfen Asylbewerber schon?
Anerkannte Flüchtlinge sind deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt. Wenn das Asylverfahren noch läuft oder wenn jemand nur geduldet ist (dies trifft auf 166 000 Menschen zu), gibt es hingegen Wartefristen und Hürden. So müssen die Ausländerbehörden und auch die Arbeitsagentur zustimmen, auch bei einer geringfügigen Beschäftigung. Für Auszubildende gibt es eine Ausbildungsduldung. Das Instrument kommt für Menschen in Frage, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Es gibt ein paar Bedingungen, zum Beispiel dürfen die Betreffenden nicht aus einem sicheren Herkunftsland kommen (etwa Bosnien oder Mazedonien), und die Maschinerie, die zum Verlassen Deutschlands führen soll, darf noch nicht in Gang gesetzt sein. Wenn nichts dagegen spricht, können abgelehnte Asylbewerber so eine mindestens zweijährige Ausbildung im Handwerk, in der Industrie oder in einer Berufsfachschule beginnen. Danach dürfen sie mindestens zwei Jahre im erlernten Beruf in Deutschland arbeiten. Die Länder nutzen die Regeln aber nicht einheitlich.
Wo die meisten Flüchtlinge arbeiten, ist nicht genau erfasst. Hinweise gibt eine Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit vom Frühjahr 2017. Demnach finden die meisten Flüchtlinge Jobs in der Zeitarbeit. Eine Rolle spielen auch Gebäudereinigung, Gastgewerbe, Handel und die Autoreparatur sowie das verarbeitende Gewerbe.
Die Wirtschaft hofft auf weitere Bewegung. Alleine im Handwerk fehlten 150 000 Fachkräfte, sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer jüngst. Laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag sind Fachkräfteengpässe für mehr als 60 Prozent der Unternehmen ein erheblicher Risikofaktor.
Welche Bedingungen für den „Spurwechsel“ gelten könnten, zeichnet sich vage ab. So spricht die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer über „gut integrierte und straffrei gebliebene Asylbewerber“, wenn sie „den Lebensunterhalt für sich selbst und ihre Familie verdienen und ausreichend deutsch sprechen können“.
Der Vorstoß sorgt allerdings für neue Reibungen in der Union. CSU-Innenpolitiker äußern sich gegenüber unserer Zeitung klar negativ. „Abgelehnten Asylbewerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, lehne ich ab“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. „Das könnte dazu führen, Deutschland attraktiver für illegale Zuwanderung zu machen.“ Er sieht anderswo Handlungsbedarf: bei den nach seinen Daten 57 000 erwerbsfähigen Menschen aus den wichtigsten Herkunftsstaaten, die in Hartz IV stecken. „Diesem Personenkreis müssen unsere vorrangigen Bemühungen gelten, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“ Das gelte vor allem auch in anderen Bundesländern. Vor „falschen Anreizen“ warnt auch Stephan Mayer, der Staatssekretär im Bundesinnenministerium.
Die CSU fürchtet vor allem eine neue Debatte kurz vor der Landtagswahl – eigentlich wird intern schon seit 2017 über den Bedarf einer Amnestie- oder Ausnahmeregelung für gut Integrierte nachgedacht. Oft wurden an die Parteispitze Einzelfälle herangetragen von fleißig arbeitenden Migranten, die keinesfalls abgeschoben werden dürften.