Deutsch-amerikanisches Verhältnis

Partner über Trump hinaus

von Redaktion

Bundesaußenminister Heiko Maas will die Beziehungen zu den USA neu vermessen. Auch, aber nicht nur wegen des Poltergeistes Donald Trump, der historisch gewachsene vermeintliche Gewissheiten und Regeln in einem Ausmaß aufkündigt oder zur Disposition stellt, wie man es für undenkbar hielt. Dabei wirkt das Enfant terrible im Weißen Haus als Katalysator im Erkenntnisprozess, dass die Balance in den Beziehungen zwischen Europa und Amerika neu austariert werden muss, wenn die transatlantische Partnerschaft funktionstüchtig bleiben soll.

Das hat zunächst psychologisch-soziologische Gründe. Mit dem Abgang der Kriegs- und Nachkriegsgeneration in Deutschland, in der das Bewusstsein und die Dankbarkeit für die Hilfe der Amerikaner bei der Aufnahme in die zivilisierte Welt des freien Westens nach der Nazi-Barbarei tief verankert war, lockert sich diese emotionale Bindung zu den USA. Gleichzeitig schrumpft in den USA der Anteil von Amerikanern mit europäischen Wurzeln zugunsten von US-Bürgern lateinamerikanischer oder asiatischer Herkunft. Trumps „Amerika first“-Ideologie wirkt hier wie ein zusätzlicher Brandbeschleuniger. Die „Alte Welt“ muss ihr europäisches Haus aus eigener Kraft krisenfester machen und nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sicherheitspolitisch vom Mündel zum echten Partner der USA wachsen, der zu groben Fehlern eines US-Präsidenten – ob Kriegsabenteuer im Irak (Bush junior) oder Sanktionsstrategien gegen Iran (Trump) – ungestraft auf Abstand gehen kann.

Der Siegeszug der Demokratie nach westlichem Vorbild ist global – vorerst – gestoppt. Autokratische oder diktatorische Mächte wie Russland oder China sind auf dem Vormarsch. Es liegt daher im ureigensten Interesse von USA und Europa, zusammenzustehen, wenn sie ihren auf den gemeinsamen Fundamenten von Freiheit und Demokratie ruhenden Way of Life verteidigen wollen.

Alexander Weber

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