Berlin – Ein zehnköpfiges Expertengremium berät die Bundesregierung künftig bei der Digitalisierung des Landes. Das Kabinett setzte gestern den Digitalrat ein, der im Anschluss gleich zu seiner ersten Sitzung zusammenkam. Das Gremium aus Wissenschaftlern, Forschern, Unternehmern und Start-up-Gründern soll mindestens zweimal pro Jahr mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und weiteren Regierungsmitgliedern tagen, um ihre Praxiserfahrungen in die Politik einzubringen.
„Wir sollen die Bundesregierung beraten, wir sollen sie antreiben, und wir sollen sie unterstützen“, erklärte die frühere Verteidigungsstaatssekretärin und Unternehmensberaterin Katrin Suder, die den Vorsitz im Digitalrat übernommen hat. Merkel erwartet nach eigenen Worten „einen lebendigen Austausch, der uns insgesamt in unserer Arbeit gut voranbringen wird“. Die Einrichtung eines Digitalrats hatten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Der Nationale Normenkontrollrat begrüßte die Einsetzung des neuen Gremiums. Der Vorsitzende Johannes Ludewig erklärte, bei der Digitalisierung der Verwaltung habe Deutschland im europäischen Vergleich einen deutlichen Rückstand. „Hier kann der Digitalrat eine wichtige Hilfe sein.“
In dem Rat sitzen neben Suder unter anderem Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT am Fraunhofer Fokus Institut, der an der Universität Oxford lehrende Internet-Professor Viktor Mayer-Schönberger, die New Yorker Professorin Beth Simone Noveck, die bereits die Regierung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama beim Aufbau einer Digitalplattform beraten hat, der Harvard-Professor und Regulierungsexperte Urs Gasser sowie die Rektorin der Fernuniversität Hagen, Ada Pellert. Merkel hatte am Wochenende gesagt, der Digitalrat werde ein schlagkräftiges Gremium mit Experten sein, „die uns antreiben, die uns unbequeme Fragen stellen“.
Die Opposition äußerte Kritik. Die Grünen bemängelten, die Bundesregierung schaffe mit dem Digitalrat nur ein weiteres beratendes Gremium und somit auch weitere Handlungsempfehlungen. „Dabei gibt es bereits heute unzählige, durchaus sehr konkrete digitalpolitische Vorschläge, die die Bundesregierung seit Jahren nicht umsetzt – trotz interfraktioneller Einigkeit“, erklärten die Grünen-Politiker Konstantin von Notz und Tabea Rößner. „Es gibt somit kein Erkenntnis-, sondern ein echtes Handlungsdefizit.“
Auch die FDP hält nichts von dem neuen Gremium: „Eine Regierung, die im Jahr 2018 immer noch Nachhilfe bei der Digitalisierung benötigt, ist nicht nur ein Trauerspiel. Sie disqualifiziert sich vielmehr selbst durch ihre Ahnungslosigkeit“, sagte Manuel Höferlin, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.
Der Bundesverband Deutsche Startups erklärte hingegen, die Bundesregierung habe sich internationale Expertise an den Tisch geholt, die helfen könne, den Rückstand in Sachen Digitalisierung aufzuholen. Der Internetwirtschaft-Verband eco erklärte, die Zeit des Redens sei vorbei. „Der Digitalisierungszug fährt. Die Bundesregierung muss jetzt längst überfällige Antworten auf drängende Fragen zur Zukunft des Digitalstandorts Deutschland geben“, sagte eco-Vorstand Oliver Süme. dpa