Rom – Italiens Innenminister Matteo Salvini strebt ein Blockadeprogramm für illegale Einwanderung nach australischem Vorbild an. In Australien gelte „das Prinzip des ,No way‘“, nach dem niemand, der auf See aufgegriffen werde, seinen Fuß auf australischen Boden setzen könne. Dies müsse man auch auf dem Mittelmeer erreichen, sagte der Politiker der rechtspopulistischen Lega im italienischen Radiosender RTL. „Italien ist nicht Europas Flüchtlingslager. Schluss mit den Landungen.“
Ziel sei nicht eine Verteilung der Migranten in Europa, betonte Salvini. Vielmehr müsse schon in den Herkunftsländern, etwa Bangladesch, Eritrea, Sudan, Elfenbeinküste, Tunesien, Pakistan oder Mali, durch europäische Stellen über Asylanträge entschieden werden. Wer als Flüchtling anerkannt sei, solle „nicht im Schlauchboot, sondern im Flugzeug“ nach Europa gelangen, so Salvini.
Australien hatte unter dem konservativen Premierminister Tony Abbott (2013-2015) die „Operation Souveräne Grenzen“ gestartet, um Flüchtlingsboote vor der Küste abzufangen und zur Umkehr zu zwingen. Nach Regierungsangaben brach die Zahl der illegalen Einreisen daraufhin stark ein. Im gesamten Jahr 2014 erreichte ein einziges Boot mit 157 hauptsächlich tamilischen Migranten Australien. Zugleich ging den Angaben zufolge die Zahl der Ertrunkenen auf wenige Personen pro Jahr zurück. In den Jahren zuvor waren es bis zu 420.
Unterdessen durften in Catania am Mittwochabend 27 Minderjährige das Schiff „Diciotti“ der italienischen Küstenwache verlassen. Mitarbeiter des Roten Kreuzes, des UNHCR und der Organisation „Save the Children“ nahmen die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen laut italienischen Medien in Empfang. 150 erwachsene Migranten müssen seit Tagen weiter auf dem Schiff ausharren. Innenminister Salvini weigerte sich, die Menschen von Bord zu lassen. Er sagte dem Sender RTL, das seien „alles illegale Einwanderer“.
Die Entscheidung, die Kinder und Jugendlichen von Bord zu lassen, hatte Salvini auf seiner Facebook-Seite bekannt gegeben. „Ich bin mit meinem Gewissen im Reinen“, so der Politiker weiter. Zudem betonte er, dass er in völliger Übereinstimmung mit Ministerpräsident Giuseppe Conte handle.
Vorwürfe, Ermittlungen oder gar Anklagen wegen Freiheitsberaubung fürchte er nicht, zitierte der Sender RaiNews den Innenminister. Demnach leitete die Staatsanwaltschaft Agrigent ein Verfahren mit Ermittlungen gegen unbekannt ein, auch um sich ein Bild von der Lage an Bord machen zu können. Sizilianische Medien zitierten Staatsanwalt Luigi Patronaggio nach einem Besuch, auf dem Schiff herrschten „verheerende Zustände“. Offenbar fordert selbst Parlamentspräsident Roberto Fico von der Fünf-Sterne-Bewegung, alle Migranten von Bord zu lassen.
In der deutschen Politik werden die Zustände auf dem Schiff als Beleg für Fehler in Europas Flüchtlingspolitik gewertet. Unions-Fraktionschef Volker Kauder klagte, es könne nicht sein, „dass zwei oder drei Staaten, die am Mittelmeer liegen, und Deutschland, das als Zielland besonders begehrt ist, fast alleine alle Migranten aufnehmen – es müssen alle Länder mitmachen“. Der CDU-Politiker betonte: „Solidarität in der EU ist gerade hier gefragt.“ Ohne eine Lösung der Migrationsproblematik werde Europa keine gute Zukunft haben.
Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) betonte hingegen, es handele sich auf dem Boot „nicht um Flüchtlinge, sondern um Wirtschaftsmigranten, die in unser Sozialsystem einwandern wollen“. Sie dürften nicht europäischen Boden betreten. kna/dpa/cd