Manfred Webers Aufstiegspläne

Verwurzelt

von Redaktion

Da schau her! Eine Personaldebatte in der CSU, doch weit und breit statt Schmutzelei nur Staunen: In diesen Tagen wird bekannt, wie nah Parteivize Manfred Weber am Aufstieg zum Präsidenten der EU-Kommission ist. Ein Bayer an Europas Spitze – ein faszinierender Gedanke. Weber war selbst für viele Parteifreunde in Brüssel fern, moderat im Denken, leise im Ton. Er ist weder harter Eurokrat noch gefühlsduseliger Träumer, aber ein erdverwurzelter Niederbayer mit diplomatischem Gespür.

Das würde gut passen in unsere Zeit, in der sich Millionen von Europa entfremden. Die EU-Mechanismen haben in der Flüchtlingskrise lange versagt. Politiker haben immer seltener die Gabe, die Leitidee des Friedenswerks zu erklären. Die Kommissionsbürokratie verselbstständigt sich von politischer Führung. Radikale Populisten leben vom EU-Bashing. Die Union bröckelt. Weber als unschriller Wertkonservativer, als Reservekandidat mangels prominenterer Namen, würde sicher keine Jubelstürme auslösen, keinen Hype, aber mit beharrlicher Arbeit mehr Ordnung und Richtung geben als derzeit.

Für die CSU wäre die Personalie genial: raus aus dem monothematischen Eck, der Horizont wieder höher als Wunsiedel, das Personaltableau breiter als Söder/Seehofer. Weber würde CDU und CSU die Europawahl 2019 retten, wo ein Siegeszug der Populisten droht. Nun wird spannend, ob Angela Merkel bereit ist, ihn auch jenseits von CDU-Eigeninteressen durchzusetzen. Sie hat in ihren Reihen keinen Besseren. Das wäre übrigens erstmals ein Stück Wiedergutmachung für die Verwerfungen, die ihre 2015er-Politik in der CSU ausgelöst hat.

Christian Deutschländer

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