Streit um bayerisches Familiengeld eskaliert

von Redaktion

Bundesarbeitsminister Heil wirft CSU Doppelmoral vor – Ministerpräsident Söder kontert mit scharfen Worten

München – Der Streit um die Anrechnung des bayerischen Familiengeldes bei Hartz-IV-Empfängern eskaliert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warf der SPD am Wochenende unsoziales Verhalten vor. „Wir zahlen das Familiengeld an alle aus. Die SPD will es offenbar bei den Schwächsten der Gesellschaft wieder einklagen“, sagte Söder dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Etwas Vergleichbares hat es in der mehr als 150-jährigen Geschichte der SPD noch nicht gegeben.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verwies dagegen auf die Rechtslage: „Wir können uns als Bundesregierung nicht über Recht und Gesetz hinwegsetzen.“ Im „Spiegel“ warf Heil darüber hinaus der CSU Doppelmoral vor. Denn bisher sei es gerade die CSU gewesen, die darauf beharrt habe, andere Einkommen auf die Grundsicherung anzurechnen. „Sie hat sich jetzt sehenden Auges in diese Situation gebracht“, sagte Heil. Er könne daher nur appellieren, „das nicht auf dem Rücken der Betroffenen auszutragen“.

Die CSU-Staatsregierung will von September an – eineinhalb Monate vor der Landtagswahl am 14. Oktober – sämtlichen Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat und Kind zahlen, auch Sozialhilfeempfängern. Nach dem Sozialgesetzbuch II müssen die Behörden zusätzliches Einkommen bei Empfängern von Sozialleistungen jedoch mit Hartz-IV-Zahlungen verrechnen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass die Empfänger Sozialleistungen beliebig addieren können und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sich dadurch finanziell nicht lohnt.

Laut Heil ist das CSU-Vorhaben, das Familiengeld nicht auf Hartz IV anzurechnen, eine „Wahlkampfnummer“. Wenn es der Partei wirklich um die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen gehe, sollte sie die Verbesserung des Bildungs- und Teilhabepakets und des Kinderzuschlags unterstützen. „Das hilft wirklich“, sagte Heil.

Allerdings scheinen die bayerischen Verantwortlichen entschlossen, in der Auseinandersetzung nicht nachzugeben. Vor rund zwei Wochen hat das Sozialministerium in München die zuständige Landesbehörde in einem Brief ausdrücklich angewiesen, die Rechtsmeinung des Bundes zu ignorieren. Das Zentrum Bayern Familie und Soziales in Bayreuth soll das Familiengeld demnach trotzdem in jedem Fall auch an Hartz-IV-Empfänger auszahlen – sogar dann, wenn die Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit auf die dann drohende Kürzung der Sozialhilfe hinweisen. Diese Kürzung will die Staatsregierung nicht akzeptieren.

Verschiedene Beobachter gehen angesichts dieser Ausgangslage davon aus, dass der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe landen wird. » Kommentar

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