Bundesbankchef Jens Weidmann wird 2019 nicht Nachfolger von Mario Draghi als Chef der Europäischen Zentralbank – weil die Kanzlerin ihn als geldpolitischen „Falken“ in Südeuropa für nicht vermittelbar hält. Ehrlicher wäre es zu sagen, dass es die deutsche Stabilitätspolitik ist, die den Italienern, Franzosen, Griechen und Spaniern nicht vermittelbar ist. Sie brauchen Nullzinsen, damit ihnen die Staatsschulden nicht um die Ohren fliegen. Das also ist aus dem Versprechen geworden, der Euro werde so hart sein wie die D-Mark. In Wahrheit schichtet Europa massiv Geld von den Gläubigern zu den Schuldnern um. Den Preis zahlen die Sparer. Und Weidmann selbst, der sich ebenso wie einst sein Vorgänger Axel Weber von der Kanzlerin im Stich gelassen sieht.
Angela Merkel steht jetzt unter Druck. In dem Personaltableau, das in der EU hinter den Kulissen gerade ausgehandelt wird, muss sie nun wenigstens den Posten des EU-Kommissionspräsidenten für Deutschland herausschlagen. Deutsche Kandidaten im Rennen um die Juncker-Nachfolge sind der CSU-Politiker Manfred Weber, der Chef der konservativen Parteienfamilie im Europaparlament, und die beiden CDU-Bundesminister Ursula von der Leyen und Peter Altmaier. Letzterer ist der Architekt von Merkels Flüchtlingspolitik, die Europa gespalten hat wie kein anderes Thema. Ausgerechnet ihn durchsetzen zu wollen, gewissermaßen als Wahrer ihres flüchtlingspolitischen Vermächtnisses, wäre eine Rücksichtslosigkeit gegenüber der CSU und eine Kampfansage an jene EU-Länder, die mit Berlins liberaler Zuwanderungspolitik hadern. Ob sich Angela Merkel im Herbst ihrer Kanzlerschaft das traut?
Georg Anastasiadis
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