Von einem Rentenkompromiss ist nach der Einigung zwischen Union und SPD allseits die Rede. Doch wer denkt, der Streit um die Zukunft der Alterssicherung wäre damit ausgeräumt, könnte sich noch wundern.
Klar, es ist nun für jeden ein bisschen was dabei. Die Union freut sich über die stärkere Senkung der Arbeitslosenbeiträge, die CSU ganz besonders über die Besserstellung älterer Mütter, und die SPD hat ihre Haltelinie für das Rentenniveau bekommen – zumindest bis 2025. Doch während die CSU wohl erst vor der nächsten Bundestagswahl ihre Begeisterung für die komplette Gleichstellung bei der Mütterente wiederentdecken wird, wird sich die SPD diesmal wohl höchstens vorübergehend ruhigstellen lassen. Denn die Sozialdemokraten haben in den vergangenen Tagen ganz genau registriert, welch große Wirkung ihre Forderung nach einem stabilen Rentenniveau bis 2040 in der Öffentlichkeit erzielt.
Dass Scholz, Nahles und Co. endlich mal wieder den Ton angaben, statt immer nur Debatten hinterherzuhecheln, muss Balsam für die geschundenen roten Seelen gewesen sein. Mit der teils völlig fehlgeleiteten Diskussion um die Stabilität des Rentenniveaus hat die SPD eine Waffe entdeckt, die im Kampf um Aufmerksamkeit viel zu mächtig war, als dass man sie künftig schweigen ließe, nur um den Koalitionsfrieden zu wahren. Prognose: Die Sozialdemokraten haben im Streit um das Rentenniveau keineswegs eingelenkt. Sie haben Blut geleckt.
Sebastian Horsch
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