Trauerfeier für John McCAin

„Amerika war immer schon großartig“

von Redaktion

Von Friedemann Diederichs

Washington – Es war ein einziger Satz, der die Trauergemeinde in der National Cathedral zu einem für diesen pietätvollen Anlass seltenen Applaus animierte – und der klar machte: Die Beisetzungs-Feierlichkeiten für den im Alter von 81 Jahren verstorbenen US-Senator John McCain waren auch eine letzte Abrechnung mit seiner innerparteilichen Nemesis, Präsident Donald Trump. McCains 33-jährige Tochter Meghan sorgte für die klarste Kritik am nicht eingeladenen Trump, der zu diesem Zeitpunkt eine Golfrunde absolvierte. „John McCains Amerika muß nicht erst großartig werden,“ formulierte sie in klarer Anspielung auf den bekanntesten Wahlkampf-Slogan Trumps („Make America great again“), „weil Amerika immer schon großartig war.“

Ob auch Trumps Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, die ebenfalls auf einer der Bänke der Kathedrale Platz genommen hatten und die ansonsten unerwünschte Familie repräsentierten, diesen Worten ebenfalls Beifall zollten, zeigten die Kameras bei der Live-Übertragung der führenden US-Kabelsender nicht.

Doch immer wieder ging ihr Schwenk über die erste Reihe der Trauergäste. Dort saßen Barack und Michelle Obama, George W. und Laura Bush und Bill und Hillary Clinton nebeneinander. Drei Präsidenten zur Ehrung des gerne als „Rebell“ bezeichneten McCain, der sechs Amtszeiten im US-Senat absolvierte, mehrfach die Präsidentschaft anstrebte und wie kaum ein anderer Politiker in den USA für Fairness, Courage, Überparteilichkeit und Toleranz stand. Dass ausgerechnet George W. Bush und Barack Obama, einst die Hauptgegner McCains bei seinem Streben ins Weiße Haus, von diesem nach der Gehirntumor-Diagnose im April angerufen und um eine Würdigungsrede gebeten worden waren, gab der Trauerfeier einen ganz besonderen, auch politischen Aspekt. Und beide Redner lobten den Verstorbenen als einzigartige Figur, die wie kaum ein anderer die amerikanische Politik geprägt habe.

Weder Bush noch Obama erwähnten Trump namentlich – jenen Mann, den McCain nicht bei seiner Beerdigung sehen wollte. Doch beide Ex-Präsidenten wählten Worte, die auch einen klaren Kontrast zum Amtsinhaber im Weißen Haus darstellen sollten. Insbesondere Obama machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Unsere Politik, unser öffentliches Leben, unsere öffentliche Debatte kann so oft klein und gemein und engstirnig erscheinen, mit Bombast und Beleidigungen, falschen Kontroversen und künstlicher Empörung. Es ist eine Politik, die vorgibt, tapfer zu sein. Aber tatsächlich der Furcht entspringt.“

So als wolle er Obama und seine Kritiker explizit bestätigen, hatte Donald Trump vor seiner Fahrt zum Golfplatz neue wütende Twitter-Salven abgefeuert – gegen Hillary Clinton und Obama, gegen das FBI und das eigene Justizministerium und natürlich gegen die Medien. Es schien wie ein verzweifelter Versuch, die Hauptschlagzeilen des Tages zu übertönen. Doch Trump hatte damit keinen Erfolg. Denn die Nation blickte auf die Würdigungen von McCain, der – so wie es Obama humorvoll formulierte – sich das letzte Lachen gesichert habe, weil er es geschafft habe, dass er – Obama – und George W. Bush nun nur Nettigkeiten über ihn sagen müssten. Obama erwähnte auch jenen historischen Augenblick während der Wahlkampagne 2008, als McCain eine Unterstützerin in einer TV-Livesendung korrigierte, nachdem diese Obama einen Araber genannt hatte, dem man nicht trauen könne. „Ich war dankbar. Aber ich war nicht überrascht,“ erinnerte sich Obama.

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