Ankara – Deutschland und die Türkei wollen nach vielen Monaten des erbitterten Streits wieder auf eine Normalisierung ihrer Beziehungen zusteuern. Die Außenministerminister Heiko Maas und Mevlüt Cavusoglu bekannten sich gestern nach Gesprächen in Ankara zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. „Wir wollen unsere Beziehungen zur Türkei wieder verbessern“, sagte Maas, der bei seinem Antrittsbesuch auch Präsident Recep Tayyip Erdogan traf.
Cavusoglu will jedoch keine Bedingungen für eine Annäherung akzeptieren, während Deutschland die Freilassung von sieben in der Türkei aus politischen Gründen inhaftierten deutschen Staatsbürgern verlangt. „Bei der Normalisierung kann es keine Bedingungen und auch kein Feilschen geben“, sagte er.
Die deutsch-türkischen Beziehungen waren unter anderem wegen der Verhaftungen Deutscher unter Terrorverdacht lange Zeit extrem schwer belastet. Die türkischen Behörden greifen seit dem gescheiterten Putschversuch vor gut zwei Jahren hart gegen Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen durch, die die türkische Regierung für den Putschversuch verantwortlich macht, aber auch gegen andere Oppositionelle. Viele Journalisten sitzen in der Türkei im Gefängnis.
Maas hat immer wieder auf eine Freilassung der deutschen politischen Häftlinge gedrungen. „Diese Fälle müssen gelöst werden“, sagte er erst vergangene Woche. Bei der Pressekonferenz mit Cavusoglu wich er der Frage allerdings aus, ob es sich bei der Freilassung um eine Voraussetzung für die Normalisierung handele. Er sagte lediglich, dass er mit Cavusoglu über die Fälle gesprochen habe. „Wir haben vereinbart, dass wir darüber weiter in Kontakt bleiben. Und das wird auch sinnvoll und notwendig sein“, sagte er.
Trotz der Inhaftierten sollen die Weichen jetzt auf Versöhnung gestellt werden. Die Maas-Reise ist die erste einer ganzen Serie gegenseitiger Besuche beider Regierungen. Am 21. September treffen sich die Finanzminister in Berlin, Erdogan kommt am 28. und 29. September zum Staatsbesuch nach Deutschland, im Oktober reist dann Wirtschaftsminister Peter Altmaier mit einer Wirtschaftsdelegation in die Türkei.
Maas wurde bei seinem Antrittsbesuch nach seiner Ankunft in Ankara von Cavusoglu mit einer Umarmung begrüßt und sprach dann mit Parlamentspräsident Binali Yildirim und schließlich mit Erdogan. Das ist protokollarisch zwar nicht zwingend bei einem solchen Besuch, trotzdem aber auch schon mal vorgekommen.
Cavusoglu rief dazu auf, nun in die Zukunft zu schauen: „Wir haben Sachen erlebt, von denen wir wollten sie wären nie passiert. Aber wir wollen nicht in diese Tage zurückkehren.“ Man wolle die Beziehungen nicht nur normalisieren, sondern noch weiter verbessern.
Unter den wichtigsten Themen des Maas-Besuchs war eins, bei dem beide Seiten an einem Strang ziehen: die drohende humanitäre Katastrophe bei einer Offensive gegen Idlib (siehe Artikel unten), die letzte Rebellenhochburg in Syrien. Deutschland werde „alles dafür tun“, um die, „die sich um eine politische Lösung in Syrien bemühen, dabei zu unterstützen, den Angriff auf Idlib und die drohende humanitäre Katastrophe zu verhindern“, sagte Maas.
Hoch oben auf der Agenda des Besuchs stand auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die für die Türkei angesichts einer schweren Währungskrise besonders wichtig ist. Maas sprach sich erneut gegen Finanzhilfen für die Türkei aus. Aus türkischen Regierungskreisen war allerdings zu hören, dass die Türkei sich sowieso keine Finanzhilfen wünsche, sondern mehr Investitionen. dpa