Manfred Weber geht aufs Ganze: Der Niederbayer hat seinen Hut zur Spitzenkandidatur der Europäischen Volkspartei bei der Europawahl im kommenden Mai in den Ring geworfen. Sein Ziel: Erst die Nominierung seiner EVP im November sichern, dann siegreich als stärkste Fraktion im EU-Parlament aus der Wahl hervorgehen und schließlich Präsident der EU-Kommission werden.
Für die CSU hat Webers Antreten einen doppelten Reiz. Einerseits könnte sie mit einem Spitzenkandidaten Weber im Europawahlkampf 2019 – anders als beim desaströsen Urnengang 2014 – Wähler mobilisieren. Motto: Einer von uns kann die Nummer eins in Europa werden. Andererseits wird es für einige in der weiß-blauen Partei eine dialektische Herausforderung, ihren Anti-Brüssel-Reflex zugunsten des proeuropäischen Parteiprofils zu zähmen. Aus EU- Perspektive wäre Weber eine gute Wahl. In einer Zeit der Entfremdung zwischen Politikern und Bürgern und drohender nationaler Zersplitterung versteht sich der ruhige, argumentative CSU-Politiker als Brückenbauer. Seine tägliche Arbeit als Vorsitzender der größten Fraktion im Parlament ist schon jetzt geprägt vom Interessensausgleich zwischen Abgeordneten aus 28 großen und kleinen, nördlichen und südlichen, armen und reichen Mitgliedstaaten. Manchem mag das als Qualifikation für die Spitze der 32 000-Stellen-Behörde zwar nicht reichen. Aber auch Webers programmatischer Ansatz, Europa als globalen Akteur nach innen wie außen zu stärken, ist richtig.
Ob Webers Rechnung aufgeht, ist derzeit offen. 2019 sind fünf Spitzenjobs in Europa zu vergeben. Am Ende wird ein personelles Gesamtpaket geschnürt. Kanzlerin Merkel hat dem Bayern zwar ihre Unterstützung als Spitzenkandidat zugesichert. Eine Garantie für den Kommissions-Chefsessel ist das aber noch nicht. Vor allem dann, falls sie selbst einen Wechsel auf die EU-Ratsebene ins Auge fassen sollte.
Alexander Weber
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