„Manfred Weber ist ein respektabler Mann, aber …“

von Redaktion

Der langjährige EU-Parlamentarier Alexander Graf Lambsdorff (FDP) über die Wahlen in Europa und Bayern

Seit fast einem Jahr sitzt Alexander Graf Lambsdorff im Bundestag, gefühlt ist er aber noch immer der Mister Europa der FDP. Aus seiner Zeit im EU-Parlament kennt er auch Manfred Weber (CSU) – und räumt ihm nur geringe Chancen ein, Kommissionspräsident zu werden.

-Herr Lambsdorff, ist Manfred Weber ein guter Kandidat?

Er ist ein respektabler Mann, sein Problem ist seine Partei. Die CSU kuschelt seit Jahren mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der Europas Werte mit Füßen tritt. Daher nichts gegen den Mann, aber als Chef der EU-Kommission, die Europas Werte durchsetzen muss, ist er der Falsche.

-Er wäre der erste Kommissionschef, der aus dem Parlament kommt und nie Regierungsmitglied war …

Es ist eigentlich kein Problem, dass ein Parlamentarier antritt. Aber es stimmt, Regierungserfahrung fehlt ihm eindeutig. Deshalb hat er am Ende auch nur geringe Chancen, nominiert zu werden.

-Hat ein deutscher Kandidat überhaupt Chancen, von den Bürgern gewählt zu werden – oder gehen Italiener und Polen dann auf die Barrikaden?

Deutschland wird in Europa gesehen wie Bayern München von anderen Fußballfans. Man respektiert uns, aber das heißt noch lange nicht, dass man uns lieb hat. Aber klar: Ein Deutscher hat trotzdem Chancen in Europa, viele Deutsche haben wichtige Jobs in Brüssel.

-Kritiker sagen, wichtiger wäre ohnehin der Posten des EZB-Chefs.

Die EZB muss vor allem von jemandem geführt werden, der geldpolitisch das Richtige tut: Ausstieg aus dem Anleihenkauf und Rückkehr zu einer normalen Zinspolitik. Das würde aber die Finanzminister in Südeuropa unter großen Druck setzen. Und mir wäre es lieber, wenn das kein Deutscher machen würde. Der würde nämlich bald als Zuchtmeister empfunden.

-Also besser ein Finne oder Holländer?

Der Pass ist egal, auf die Politik kommt es an. Im Übrigen hat die Bundeskanzlerin mit ihrer Unterstützung für Manfred Weber Jens Weidmann (der als EZB-Chef infrage käme, d.Red.) ja auch schon fallen lassen.

-Mit welchem Kandidaten werden die Liberalen in die Europawahl gehen?

Wir haben sehr gute Leute, denken Sie an Guy Verhofstadt oder Cecilia Malmström. Nominiert wird im Februar 2019, dann wissen wir mehr. Und wir werden das auch mit Emmanuel Macron besprechen, denn die Liberalen und seine Partei nähern sich an. Das kann die Europawahl sehr spannend machen.

-In Bayern wird noch in diesem Jahr gewählt. Warum profitieren die Grünen von der Schwäche der CSU, die FDP aber nicht?

Naja, wir stehen in Bayern jetzt bei knapp sieben Prozent. Ich finde, dass das eine sehr gute Basis für die heiße Wahlkampfphase ist. Die Grünen sind mit ihrem neuen Führungsteam im Bund, Baerbock und Habeck, jetzt in der Umbruchphase, die die FDP schon hinter sich hat. Das bringt natürlich viel Aufmerksamkeit. Aber ich bin sicher, dass wir mit einer sehr starken Fraktion ins Maximilianeum einziehen werden.

Zusammengefasst von Marcus Mäckler

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