Überblick der parteien

Europa und die Populisten

von Redaktion

Von Maximilian Heim

München – Seit einem Jahr ist mit der AfD eine rechtspopulistische Partei im Bundestag vertreten, auch in Bayern steht sie vor dem Einzug in den Landtag. Und nicht nur hierzulande sind populistische Politiker in den Parlamenten angekommen. Am Sonntag könnten die laut Politologen fremdenfeindlichen „Schwedendemokraten“ einen weiteren Wahlerfolg feiern – Umfragen sahen sie zuletzt bei rund 20 Prozent.

Zeit also für einen Überblick über die populistischen Parteien in Europa. Und zur Begriffsklärung vorab ein Blick in den Duden. Dort wird Populismus definiert als „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“.

Italien: Seit drei Monaten regiert in Rom die nationalistische Lega-Partei in einem ungewöhnlichen Regierungsbündnis mit der ebenfalls EU-skeptischen, linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung. (In Griechenland gibt es dasselbe Modell, nur mit umgedrehter Gewichtung.) Bei den Wahlen im Frühjahr erzielte die Lega gut 17 Prozent. 2013 war die Partei noch bei gut vier Prozent gelandet. Nun stellt sie mit Innenminister und EU-Gegner Matteo Salvini, der beim Thema Migration schrille Töne anschlägt – aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nannte er „Menschenfleisch“ – den wichtigsten und umstrittensten Politiker des Landes. Zuletzt ist Salvinis Beliebtheit sogar gestiegen. Seine Lega kommt in einer jüngsten Umfrage auf 32 Prozent, die Fünf-Sterne-Bewegung auf 28 Prozent.

Frankreich: Im Mai 2017 erreichte Marine Le Pen vom – je nach Lesart – rechtspopulistischen bis rechtsextremen Front National die Stichwahl um das Präsidentenamt. Sie verlor mit 34 Prozent der Stimmen gegen Emmanuel Macron. Heute trägt ihre Partei einen neuen Namen („Rassemblement National“), steht wegen Scheinbeschäftigungen im Fokus der Justiz und ist laut ihrem Schatzmeister quasi pleite. Eine Antwort auf Macrons Mitte-Kurs, der die alte französische Parteien-Landschaft pulverisiert hat, sucht Le Pen bisher vergeblich. Dazu kommen persönliche Fehden wie mit Nichte Marion Maréchal, die der Politik vorläufig den Rücken gekehrt hat. Großbritannien: Mit einer von Unwahrheiten geprägten Kampagne und dem anschließenden knappen Ja zum EU-Austritt hat die Ukip-Partei ihr großes Ziel erreicht. Seither ringen die verschiedenen Nachfolger des langjährigen Parteichefs Nigel Farage um die Neu-Positionierung. Zu den wichtigsten Themen gehören die populistischen Klassiker: Ablehnung etablierter Parteien, Warnen vor „Überfremdung“, mehr Volksabstimmungen. Bei der Unterhauswahl 2017 verlor Ukip dennoch fast alle Stimmen und landete bei 1,8 Prozent.

Niederlande: Lange galt der exzentrische Geert Wilders als Posterboy unter Europas Rechtspopulisten. Mit seinem auf die Ablehnung von Muslimen und Islam fixierten Programm hat er allerdings mehrmals das selbst ausgerufene Ziel einer Regierungsbeteiligung verfehlt. In einem kleinteiligen Parteiensystem stellt Wilders’ Partei mit 13,1 Prozent aktuell zwar die zweitstärkste Kraft, ist aber weitgehend isoliert. Nächster regulärer Wahltermin: März 2021.

In anderen europäischen Ländern gehören Populisten dagegen ebenfalls zur Regierung. In Ungarn regiert seit Mai 2010 Viktor Orbán. Dessen Fidesz-Partei gehört zwar zur konservativen Parteienfamilie in Europa, Kritiker werfen ihm aber vor, die Pressefreiheit einzuschränken und mit seiner strikten Ablehnung von Flüchtlingen europäische Werte zu missachten. In Österreich bildet die von Jörg Haider gegründete FPÖ als Juniorpartner gemeinsam mit Sebastian Kurz’ ÖVP die Regierung. In Tschechien stellt die Bewegung ANO von Regierungschef Andrej Babis eine Minderheitsregierung. Beobachter beschreiben die Partei als wenig ideologisch und vergleichbar mit den Anfängen Silvio Berlusconis in Italien.

Das umgekehrte Modell zu Tschechien – Rechtspopulisten dulden konservative Minderheitsregierung – gibt es derzeit in Dänemark. In Polen regiert die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ – wegen der Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz hilflos-wütend von der EU beäugt. In Finnland stellen die Rechtspopulisten – nach heftigem Krach dezimiert – einige Minister. Und in Norwegen ist die rechte Protestpartei FrP seit 2013 Juniorpartner in einer von Konservativen angeführten Regierung.

Artikel 4 von 11