Schockumfrage für die CSU

Kein Grund für Häme

von Redaktion

Auf ihrer steilen demoskopischen Talfahrt ist die CSU tief im Keller angekommen: Nur noch 35 Prozent der Bayern würden ihr heute ihre Stimme geben, hat eine Umfrage im Auftrag des BR ergeben. In Berlin dürfte das für vergnügtes Schenkelklopfen sorgen, doch Vorsicht: Merkels CDU ergeht es nicht besser, auch wenn kaum einer darüber reden mag. In Hessen stehen Ministerpräsident Bouffier und seine Partei kurz vor der Landtagswahl ebenfalls vor dem Verlust eines Viertels ihrer Wähler. Der SPD droht, jedenfalls in Bayern, sogar die Halbierung ihrer Wählerschaft in gerade mal fünf Jahren.

Häme ist fehl am Platz. Wir erleben Vertrauensverlust, Zersplitterung, Polarisierung. Der Abstieg der Volksparteien ist ein Alarmsignal. Das große Ganze zerfällt in ein Gegeneinander von Einzelinteressen, Wut tritt an die Stelle von Konsens. Das ist noch nicht die Wiederholung von Weimar. Aber manche Ähnlichkeiten lassen frösteln. Dazu zählen auch die Arme, die sich mancherorts wieder zum Hitlergruß heben. Dass die Berliner Asylpolitik und die in München angezettelten erbitterten Debatten darüber zu dieser Polarisierung beigetragen haben, steht außer Frage. Merkels Migrationspolitik hat in der CSU die konservativen Wähler vergrault, Seehofers Sommertheater die liberalen. Beide aber bräuchte die bayerische Union, um Staatspartei zu bleiben. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die CSU, anders als viele CDU-Landesverbände, die AfD noch halbwegs im Zaum halten kann.

Ministerpräsident Söder kann kaum noch darauf zählen, dass sich der hitzige Streit über Maaßen und die „Mutter aller politischen Probleme“ bis zum Wahltag in einem Monat legen und den Blick auf unbestreitbare landespolitische Erfolge der CSU freigeben wird. Aber er darf immerhin darauf hoffen, dass seine Partei am Abend des 14. Oktober nicht ihm die Rolle des Sündenbocks antragen wird.

Georg Anastasiadis

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