Berlin – Am Ende des Tages kann Hans-Georg Maaßen durchatmen. Wortlos steht der oberste deutsche Verfassungsschützer gegen 21 Uhr neben seinem Dienstherrn Horst Seehofer (CSU) vor den Kameras. Was der Innenminister dann sagt, ist für Maaßen eine Jobgarantie – vorerst. „Ich habe mich entschieden, dass ich für personelle Konsequenzen keinen Anlass sehe.“ Maaßen habe seine Position „stark begründet“, er sei zudem „klar in der Abgrenzung gegen ganz Rechts“ gewesen.
Schon am Anfang der Sondersitzung des Innenausschusses legt Seehofer Wert auf ein Symbol der Nähe. Er drückt dem Verfassungsschutzchef die Hand, Maaßen darf sich dann gleich neben ihn setzen. Der CSU-Chef weiß um die Bedeutung solcher Symbole. Doch er weiß auch, dass Maaßens umstrittenen Interview-Äußerungen zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz ihn selbst beschädigen könnten. Deswegen hatte er vor kurzem erklärt, Maaßen trage für seine Äußerungen natürlich selbst die Verantwortung.
Maaßen steht denn auch trotz der freundlichen Gesten Seehofers zu Anfang der Sitzung etwas verloren im Fokus der Fotografen. In der Sitzung selbst gibt er sich laut Teilnehmern reumütig – jedenfalls ein wenig. Er fühle sich falsch verstanden und sei vom Echo auf das „Bild“-Interview überrascht gewesen, heißt es da. Inhaltlich stehe er zwar zu den Zitaten, aber „die ein oder andere Wendung würde ich heute anders formulieren, vielleicht auch weglassen“.
In der „Bild“ hatte Maaßen gesagt, seinem Dienst lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, dass Hetzjagden stattgefunden haben“. Dem steht unter anderem ein interner Polizeibericht zu den Chemnitzer Ausschreitungen entgegen, aus dem „Frontal 21“ (ZDF) zitiert. Dort heißt es etwa in einer Meldung: „Hundert vermummte Personen (rechts) suchen Ausländer.“
Maaßen hält trotzdem an seiner Medienkritik fest. Es gebe eine negative Stimmung der Bürger gegenüber Journalisten. Man solle „Hetzjagden nicht herbeischreiben“. Maaßen macht nach Angaben von Teilnehmern mehrfach deutlich, dass er in ähnlichen Fällen auch künftig wieder handeln würde, nur eben nicht so wie in dem Interview.
Richtig demütig klingt Maaßen schon in seinem vierseitigen Bericht an Seehofer nicht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Keine Entschuldigung. Stattdessen Vorwürfe gegen den mutmaßlich linksextremistischen Twitter-Nutzer „Antifa Zeckenbiss“, dessen Video die mögliche Hetzjagd auf Ausländer zeigt. Später in dem Schreiben heißt es, er habe „anders als von den Medien berichtet zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass das Video gefälscht, verfälscht oder manipuliert worden ist“.
Die „SZ“ berichtete derweil, Maaßen habe Fachleute am Wochenende angewiesen, „eilig Beweise zusammenzutragen, die seine umstrittenen Äußerungen in der Bild-Zeitung stützen könnten.
Schon nach der Sitzung der Geheimdienstkontrolleure sagt deren Chef Armin Schuster (CDU), Forderungen wie einen Rausschmiss Maaßens halte er „angesichts dessen, was er vorgetragen hat, für nicht verhältnismäßig“.
Vertreter von SPD, FDP und Grünen äußern sich kritischer und pochen auf mehr Informationen. Nur der Linken-Obmann im Kontrollgremium, André Hahn, sagt klar, Maaßen sei mit seiner Erklärung nicht aus dem Schneider. „Ich glaube nicht, dass dieser Präsident noch sehr lang im Amt sein wird.“
Doch selbst wenn Maaßen die aktuelle Krise nun erst mal mit Schrammen übersteht – in Unionskreisen sehen einige seine Zukunft auf dem Präsidentensessel skeptisch. Ein BfV-Chef, dem angesichts der zugespitzten Stimmung im Land immer wieder seine unglücklichen Interview-Äußerungen vorgehalten würden, könne schnell zur „lahmen Ente“ werden, heißt es.