Washington – Sonderermittler Robert Mueller, der eine mögliche Kooperation der Trump-Wahlkampagne mit Russland untersuchen soll, operierte bisher mit einer bewährten Strategie für den Kampf gegen das organisierte Verbrechen: Mitarbeiter der Haupt-Verdächtigen so lange juristisch unter Druck zu setzen, bis diese „umfallen“ und kooperieren. Am Freitag zog das Mueller-Team seinen bisher größten Fisch an Land: Ex-Kampagnenchef Paul Manafort.
Die Vorwürfe gegen Manafort haben nichts mit der Russland-Thematik zu tun – es geht unter anderem um Steuerbetrug und Geldwäsche. Doch im Gegenzug für ein mildes Urteil verpflichtete sich Manafort nun, mit den Ermittlern in allen Bereichen zu kooperieren – also auch in Sachen Moskau.
Der Zusammenbruch Manaforts, der bisher jegliche Zusammenarbeit verweigert hatte, habe Schockwellen durch das Weiße Haus gesendet, hieß es am Wochenende. Präsident Donald Trump reagierte entsprechend gereizt auf Twitter. Während seine Umfragewerte gut seien und die Wirtschaft „so gut wie nie zuvor“ dastehe, könnten die Werte noch 25 Prozent höher sein, wenn es die „Russland-Hexenjagd“ nicht gebe. Und: Mueller und 17 verärgerte Demokraten – Trump bezieht sich damit auf führende Mitarbeiter des Sonderermittlers, die als Anhänger der Demokraten bekannt sind – würden dieses fadenscheinige Thema nutzen, um ihm bei den Kongresswahlen zu schaden.
Es gebe jedoch keine Mauscheleien mit Russland. Trumps derzeitiger Anwalt Rudolph Giuliani stellte gleichzeitig fest, das Kooperationsversprechen von Manafort gelte nicht für die Trump-Kampagne – eine eindeutige Falschaussage Giulianis, da die Ermittler allein die Fragen an Manafort bestimmen.
In Washington geht man davon aus, dass Trumps früherer Kampagnenchef die Zusage einer Strafmilderung nur deshalb bekommen hat, weil er bereits pikante Details in Sachen Russland geliefert hat. Bisher schien die Arbeit des Sonderermittlers darunter zu leiden, dass Mueller trotz der Anklage und Verurteilung zahlreicher früherer Trump-Helfer kein wirklich belastendes und verwendbares Material gegen den Präsidenten in der Hand hatte. Das könnte sich durch den neuen „Kronzeugen“ ändern.
Denn im Gegenzug für seine Kooperation wurde Manafort auch zugesichert, dass ihn der Staat nicht für Delikte verfolgen werde, die der Angeklagte bisher nicht eingeräumt hat und die ihm in der Zukunft nachgewiesen werden könnten. Manafort drohen derzeit bis zu zehn Jahre Haft, doch die Staatsanwaltschaft wird aller Voraussicht nach für eine reduzierte Strafe plädieren. Gleichzeitig muss der frühere Trump-Berater Vermögenswerte von rund 50 Millionen Dollar aufgeben, darunter mehrere Immobilien unter anderem im „Trump-Tower“ in Manhattan und auf der Hamptons-Inselgruppe.
Die Zusammenarbeit Manaforts mit Mueller hat Gerüchte in den USA erneuert, dass der Präsident den Angeklagten nun rasch begnadigen könnte, um eine weitere Kooperation Manaforts abzuwürgen. Noch im letzten Monat hatte Trump Manaforts Standfestigkeit gegenüber der Justiz gelobt und gewürdigt, dass dieser „keine Storys erfindet, nur um einen Deal zu bekommen“. Nun steht der Präsident vor dem Problem, dass er möglicherweise mit der Begnadigung zu lange gewartet hat. Friedemann Diederichs