Die Deutschen wählen ihre Landesregierungen manchmal mit dem Kopf ab, manchmal mit dem Bauch. Als die rot-grüne NRW-Regierung in den landespolitischen Kernaufgaben Schule und Sicherheit schlecht arbeitete, wurde sie 2017 gestürzt. Ganz rational zogen die Wähler der charismatischen Landesmutter Kraft (SPD) den tranigen CDU-Spitzenkandidaten Laschet vor. Irrational, emotional, lief der Machtwechsel 2011 in Baden-Württemberg. Die Mehrheit im Ländle hatte einfach mal die CDU satt und fand deren Kandidaten Mappus im Strudel von Stuttgart 21 und Atommoratorium komisch.
Die CSU hat erkennbar ein riesiges Bauchproblem, keines mit der herausragenden Bayern-Bilanz. Stimmungen und die dominante Bundespolitik überrennen die Wahlkämpfer. Die Migrationspolitik (Bund) hat das Land gespalten, Merkel ist in Teilen Bayerns verhasst, der Seehofer-Schlingerkurs verprellte nacheinander Wähler rechts und in der Mitte, zu einem kleineren Teil auch der emotionale Faktor, dass einige Wähler Markus Söder trotz aller Katzenbabyfotos nicht sympathisch finden.
Was nun? Auf dem Parteitag hat Söder zumindest eine gute Rede gehalten und eine richtige Antwort gefunden: Weg vom Reflex, die Umfragen seien falsch, die Medien böse und die CSU stehe passabel da. Hin zur Einsicht: Die Lage war noch nie so ernst, die Zeit ist zu kurz, um die diffuse Anti-Stimmung aufzulösen. Söders einzige Chance, in einer kommenden Koalition möglichst viele CSU-Inhalte unterzubringen, ist, mit Mut im Wahlkampf und mit Demut vor der sicheren Wahlwatschn das Desaster abzumildern. Er wird die 50 Prozent Unentschlossenen ins Auge fassen und jene zu alarmieren versuchen, die der CSU bisher positiv-passiv gegenüber standen. Bayern wird einen harten Mobilisierungswahlkampf erleben.
Christian Deutschländer
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