Offensive auf Idlib

Katastrophe aufgeschoben

von Redaktion

Selten fühlte sich das Warten auf ein Unheil so zäh an. Seit Wochen blicken die Einwohner Idlibs einem blutigen Angriff des Assad-Regimes entgegen. Dass die Entscheidung über das Wohl und Wehe von drei Millionen Menschen in den Händen zweier Autokraten mit sehr unterschiedlichen Interessen liegt, macht die Sache nicht besser. Immerhin konnten sich Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan im letzten Moment auf ein Ergebnis einigen. Aber es ist eine Einigung mit vielen Unwägbarkeiten.

Dass die Kämpfer der syrischen Opposition die vereinbarte 15 bis 20 Kilometer breite Zone freiwillig verlassen, scheint jedenfalls ein recht frommer Wunsch zu sein. Es geht immerhin um zehntausende Rebellen, die – noch immer schlagkräftig – kein anderes Rückzugsgebiet im Land mehr haben und sich nur ungern werden einkesseln lassen. Und selbst wenn die Zone einen Puffer zwischen Assads Truppen und den Rebellen schafft – von Dauer dürfte das Konstrukt nicht sein. Assad will sich sein Land ganz zurückholen, Putin hat ihm darin mehrfach beigepflichtet.

Dass sich Erdogan und Putin nach vier Treffen überhaupt verständigen konnten, liegt wohl schlicht an der Einsicht, dass keine Seite von einem weiteren Blutbad in Syrien profitiert. Die demilitarisierte Zone ist der Versuch, eine Offensive unnötig zu machen. Wahrscheinlicher ist, dass der Angriff einfach nur nach hinten verschoben wird.

Marcus Mäckler

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