Nein, es stimmt nicht, dass die Große Koalition im Hintergrund keine Sacharbeit leisten würde – siehe etwa die gestrigen Beschlüsse zu Kitas, zur Steuer- oder Sozialpolitik. Doch wer nimmt das noch wahr? Die Dauerschlacht zwischen Kanzlerin Merkel und ihrem Widersacher Horst Seehofer absorbiert täglich die Aufmerksamkeit und fördert den Frust. Den Streit um Verfassungsschutzpräsident Maaßen so eskalieren zu lassen, war ebenso ein Fehler wie die Ausrufung des dreiundsechzigsten Punkts eines Asylpakets zur Schicksalfrage Deutschlands hochzujazzen.
Ausgerechnet der CSU-Chef, dessen Partei in Bayern um ihren historischen Status kämpft und die Hiobsbotschaften aus Berlin so gut gebrauchen kann wie ein Ertrinkender einen Bleigurt, kennt weder Freund noch Feind. Wo man hinschaut gibt es – außer Herrn Maaßen –, nur Verlierer: Angela Merkel, einst mächtigste Frau der Welt, kann nicht mal mehr einen ihr missliebigen Beamten feuern, sondern muss zulassen, dass er befördert wird. Nicht besser geht es SPD-Chefin Andrea Nahles. Sie hat einen alten Grundsatz nicht befolgt: Egal, was du tust, bedenke das Ende (recipe finem)! Ihr Pokern mit dem Koalitionsbruch hat dazu geführt, dass nun der eigene Staatssekretär über die Wupper geht und Maaßen stattdessen rund dreitausend Euro monatlich mehr auf dem Gehaltszettel hat. Kein Wunder, dass bei den Genossen nicht nur die eingefleischten Koalitionsgegner Sturm gegen diese Entscheidung laufen.
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann an der Koalitionsspitze Köpfe rollen. Erfahrungsgemäß ist es (noch) nicht der von Angela Merkel. Andrea Nahles sollte einen Schutzhelm aufsetzen. Ob Horst Seehofer noch zu retten ist, weiß ohnehin niemand.
Alexander Weber
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