München – Die CSU übertreibt es nie mit höflichem Umgang untereinander. Der Ton, mit dem in der Maaßen-Krise über den Vorsitzenden Horst Seehofer geredet wird, ist aber schon speziell. „Dieses Affentheater kotzt uns an“, verlautet aus München. Ein Abgeordneter berichtet, wie die Kollegen ihrem Unmut in WhatsApp-Gruppen Luft machen. Ein dreiviertel Jahr habe sich Seehofer nicht um das Thema Wohnen gekümmert. Was er als „Heimatminister“ vorhabe, wisse kein Mensch. Stattdessen diese ewigen Alleingänge. „Es gibt nur deshalb keine Rebellion, weil in drei Wochen Wahl ist.“
Der lodernde Zorn speist sich aus der endlosen Folge von Berliner Debatten, die die Landespolitik überdecken. Sie verhageln dem im Umfragetief verharrenden Ministerpräsidenten Markus Söder seine komplette PR-Agenda. Söder verlangte wiederholt und vergeblich, alles zu unterlassen, was Bayern nicht diene. Der Parteitag am Samstag empfing Seehofer kühl. Die demoskopischen Daten sind mies. Im neuen ZDF-„Politbarometer“ liegt er mit deutlichen Ansehensverlusten ganz am Ende der Top-Ten-Politiker-Liste.
Eine einheitliche Haut-den-Horst-Stimmung gibt es in der Partei allerdings nicht. Wahlkämpfer melden, dass der Fall Maaßen negative, aber auch positive Reaktionen hervorrufe – weil Seehofer mit dem Ex-Verfassungsschutzchef einen profilierten Merkel-Kritiker befördert habe. Seehofers Stil gefalle zwar nicht jedem, sagt der Rosenheimer Abgeordnete Klaus Stöttner. „Aber letztlich zählt das Ergebnis. Er hat einen bayerischen Dickschädel – und mit dem setzt er in Berlin viel durch.“
Auch das Medienecho ist gespalten. „Der Gefährder“, titelt der „Spiegel“, die „Bild“ hingegen erschien mit der riesigen Schlagzeile „Seehofer sagt Bätschi zu Nahles“. Der Parteichef hat zumindest in Berlin intern Unterstützer für seinen Kurs. Alexander Do-brindt, Chef der Bundestagsabgeordneten, soll sinngemäß von einem taktischen Meisterstück gesprochen haben.
Die beiden Züge kollidieren spätestens am 15. Oktober – am Morgen nach der Wahl tagt der Parteivorstand. Über Söder heißt es, er sei unentschieden, ob er den Daumen über Seehofer senken will – dann würden wohl mehrere Bezirksvorsitzende und sonstige hohe Tiere der Partei offen einen Rücktritt fordern. Alternative: Mit Seehofer an der Seite Koalitionsverhandlungen in München führen, er versteht davon was.
Scharf auf den Parteivorsitz ist Söder selbst nicht: Ihn reizt die Berliner Bühne mit dem dauernden Koalitionszwist wenig. Dobrindt soll mehr Interesse, aber auch keine Eile haben. Dritter Bewerber wäre der Europapolitiker Manfred Weber, der im Rennen ums Amt des EU-Kommissionspräsidenten aber eigentlich hinreichend ausgelastet ist. Allerdings würde der Parteivorsitz bei der Europawahl im Mai auch nicht schaden. cd/mik