von Redaktion

Ein knapper Händedruck, Haifischlächeln. Und eine Menge Adrenalin. Zum ersten direkten Duell treffen sich die Spitzenkandidaten Markus Söder (CSU) und Ludwig Hartmann (Grüne) in unserer Redaktion. Das ist keine Schauspielstunde zweier Politiker, die sich mal kämpferisch geben, sondern ein intensives, hartes Rededuell. Eine gute Stunde lang geht es hart zur Sache. „Ausreden lassen“, faucht einer den anderen mehrfach an. „Ich hab’ eben auch zugehört.“ Und doch ist der Umgang respektvoll. Manche Äußerung ist Routine, aber man kann auch Spitzenpolitiker überraschen. Beispielsweise mit der Frage, ob sie schon mal gekifft haben. Als Hartmann freimütig „ja“ sagt, wirkt Söder fast schockiert.

-Hier sitzen jetzt die beiden schärfsten Konkurrenten in Bayerns Politik. Zwischen Ihnen gibt es auf fast jedem Feld fundamentalen Dissens. Fällt Ihnen trotzdem etwas Nettes übereinander ein?

Hartmann: Er wählt tolle Kostüme im Fasching.

Söder: Er hat ja leider meistens das gleiche Kostüm an. Aber ernsthaft: Ich schätze jeden, der sich Mühe gibt, Bayern besser zu machen.

-Herr Hartmann ist heute mit der U-Bahn gekommen. Herr Söder, was ist Ihr persönlicher Beitrag zum Umweltschutz?

Söder: Ich habe als privates Auto so ziemlich das kleinste, das man nutzen kann. Ich fahre viel Fahrrad und auch viel Zug. Vor allem sorge ich dafür, dass Bayern mit unserer Klimaschutzstrategie CO2- freundlicher wird. Wir geben allein 100 Millionen Euro mehr aus für den öffentlichen Nahverkehr, setzen auf den Ausbau der U- und S-Bahn – übrigens anders als die Grünen in München – und fördern innovative und umweltfreundliche Technologien. Aber wir sind gegen Restriktionen und Fahrverbote.

Hartmann: Welche Klimaschutzstrategie? In Ihrer letzten Regierungserklärung kam weder das Wort Klimaschutz noch Energiewende vor. Wir haben einen extrem heißen Sommer erlebt, Landwirte leiden unter der extremen Dürre – da müsste man doch auch in Bayern endlich mal die Weichen anders stellen. Der Ausbau der Windkraft sollte ganz oben auf der Agenda stehen.

Söder: Ich bin sehr dafür, dass wir die Energiewende voranbringen, aber nicht in grüner Verbotskultur. Ich fand übrigens nicht akzeptabel, dass die grüne Bundesvorsitzende die Landwirte für den Klimawandel quasi verantwortlich machte. Mit Schuldzuweisungen kommen wir nicht voran. Wir brauchen Innovationen, statt die Landschaft mit Windrädern zu verspargeln. Die Bevölkerung gerade in Oberbayern hat da massive Vorbehalte. Ich will nicht, dass Bayern mit Hunderten von Windrädern vollgestellt wird.

Hartmann: Bayern, das größte Flächenland, hat gerade mal 1000 Windkraftanlagen. 150 bis 200 neue pro Jahr wären mühelos machbar. Man muss halt mal für Überzeugungen kämpfen und nicht beim ersten Widerstand einknicken. Aber was hat die CSU-Regierung die letzten Jahre gemacht? Den Austausch einer alten dreckigen Ölheizung gegen eine neue dreckige Ölheizung gefördert. Andere Länder sind da weiter. In Dänemark ist der Einbau von Ölheizungen schon verboten.

Söder: Wie immer: Das prägende Wort in Ihrer Argumentation heißt „Verbot“. Sie setzen auf Nein und Restriktion – ich setze auf Förderung und Angebot. Das gilt ja auch für das Thema Diesel.

Hartmann: Sie haben im Jahr 2007 selbst noch gefordert, ab 2020 Verbrennungsmotoren zu verbieten.

Söder: Sie reißen Argumente aus dem Zusammenhang. Ich hätte da auch eine Liste von Zitaten der Grünen, die Sie zum Erröten bringen würden.

-Herr Hartmann, reden wir über ein Herzensthema der CSU. Söder liegen der Grenzschutz und die Grenzpolizei deutlich mehr am Herzen als Ihnen. Ist Ihnen Sicherheit unwichtig?

Hartmann: Ich bin vor zwei Monaten 40 Jahre alt geworden. Da denkt man ja ein wenig grundsätzlicher über das Leben nach: All diese Jahre durfte ich in Frieden, Freiheit und Demokratie leben. Das habe ich dem vereinten Europa zu verdanken. Dazu gehört für mich auch ein Europa ohne Schlagbäume, keines, wo am Achensee die Polizei jeden Wanderer rauszieht. Ich bin nur bei einem Thema pragmatischer geworden: Die Schleierfahndung ist durchaus ein Instrument, das in grenznahen Regionen hilfreich ist. Das ist viel wirksamer als der Schlagbaum.

Söder: Ein kleiner Erkenntnisgewinn bei Ihnen. Den will ich gerne weiterentwickeln. Erstens: Europa lebt von Freiheit, aber auch von Sicherheit und Stabilität. Das Schengen-Modell hat die Schwäche, dass der Schutz der Außengrenzen bisher nicht ausreichend gewährleistet war. Da wird jetzt, dank des Drucks der CSU, in Europa mehr getan. Aber bis dahin ist es wichtig, die Binnengrenzen besser zu sichern. Mit der neuen Grenzpolizei gehen wir genau den Weg, die Bundespolizei an der grünen Grenze zu unterstützen. Schon in den ersten Wochen hatten wir über 500 Fahndungserfolge.

Hartmann: Wenn man heute für 48 Stunden Kontrollen an der Donnersberger Brücke machen würde, hätte man den gleichen zufälligen Beifang. Sie haben kaum einen illegalen Einwanderer gestoppt.

Söder: Wissen Sie, was der größte Erfolg der Grenzpolizei ist? Die Abschreckung von Schleppern und Schleusern. Die Routen nach Bayern sind uninteressanter geworden. Im ersten Halbjahr hatten wir in Bayern nur noch 11 000 Zuwanderer, gleichzeitig haben 8000 das Land verlassen. Die Richtigen gehen, die Richtigen bleiben.

Hartmann: Das stimmt nicht. Abgeschoben werden die Falschen. In den Fliegern sitzen viele, die am längsten da sind, am besten Deutsch sprechen, sich gern in den Arbeitsmarkt integrieren würden.

-Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat Flüchtlinge als „Geschenk für Deutschland“ bezeichnet. Würden Sie das auch so sagen?

Hartmann: Ich würde diesen Satz nicht sagen. Geflüchtete sind zunächst hilfesuchende Menschen, denen wir menschlich begegnen sollten.

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