UN-Vollversammlung

Ein Diplomat namens Trump

von Redaktion

von Michael Donhauser

New York – Eigentlich ist dies genau die Kragenweite von Donald Trump: Ein bisschen Pomp beim Auftritt, die ganze Welt ist in einem Raum versammelt, um seinen Worten zu lauschen. Vor seiner Rede darf der US-Präsident wie fast alle Redner bei der UN-Vollversammlung kurz in einem thronartigen Sessel Platz nehmen, über ihm das Emblem mit dem Erdkreis, umrahmt von zwei Olivenzweigen – so will es das Protokoll.

Doch Donald Trump scheint irgendwie fehl am Platze, an diesem verregneten Dienstagvormittag am New Yorker East River, vor dem großen Marmorpult, das er einst als „billig“ bezeichnete. Zu steif ist die Atmosphäre, zu informiert die Zuhörerschaft. Zu groß ist der Graben zwischen ihm und dem überwiegenden Rest der Internationalen Gemeinschaft, an die er seine Rede richtet. Wo er von seinen Anhängern ein Johlen hört, erntet er hier Raunen. „Die Reaktion habe ich nicht erwartet“, sagt er, als er für Eigenlob Gelächter erntet.

Die Rede fällt insgesamt zahmer aus, als noch vor einem Jahr, bei seinem ersten Auftritt. Damals drohte er die Zerstörung Nordkoreas an, heute streckt er zwischendurch sogar die Hand aus, macht Angebote für ein Miteinander ohne gegenseitige Einmischung. Den ganz klaren Trennschnitt zwischen einer Wahlkampf-Tirade und einer Rede an die Weltgemeinschaft bekommt der US-Präsident aber dieses Mal nicht hin.

Trump spricht von Souveränität. Er will den alten Nationalstaat. „Amerika wird immer Unabhängigkeit und Kooperation vorziehen vor Weltregierung, Kontrolle und Dominanz“, sagte Trump. Will heißen: Die USA sollen in Ruhe gelassen werden, ihr Ding machen dürfen. Die Zusammenarbeit auf großer Ebene, mit Regeln, die er nicht allein bestimmt – das erträgt Trump allenfalls dann, wenn seine Interessen nicht einschneidend berührt werden.

Nirgends wird dieses Prinzip so deutlich wie im Nahen Osten. Die Politik der USA richtet sich frontal gegen den Iran als Feindbild. Die Feinde des Iran, Saudi-Arabien und Israel, sind die Freunde der USA. Beide Länder hebt Trump in seinem Lob für vorbildliche Nationen hervor – das reformwillige Saudi-Arabien, das stolze Israel, auch Polen und Indien nennt er.

„Die Führer des Iran säen Chaos, Tod und Zerstörung“, sagte Trump. Sie machten sich die Taschen voll, durch Korruption und Diebstahl. Und der Atomdeal, von seinem verhassten Vorgänger Barack Obama maßgeblich mitinitiiert, helfe noch dabei. Die USA begegneten dem mit einer Kampagne des ökonomischen und politischen Drucks. „Wir bitten alle Nationen, das iranische Regime zu isolieren“, sagte Trump.

Das dürfte nicht auf großen Widerhall stoßen. Experten warnen bereits vor einem Flächenbrand in Nahost. Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas warnt. Es bestehe die Gefahr, dass der Iran unter größtem Druck wieder in ein militärisches Atomprogramm einsteige, sagte Maas in New York. „Das wollen wir nicht, das würde die ganze Region in Flammen setzen.“

Der Atomdeal, der aus Sicht aller Teilnehmer außer Trumps USA zu einer nuklearen Abrüstung und einer Verstetigung der Zusammenarbeit mit dem Iran geführt hat, passt nicht ins Weltbild Trumps. Zu viele Regeln von außen, zuwenig Spielraum für die USA. Dass Trump wenige Minuten später über die Ölpreise der Opec räsoniert und behauptet: „Die Opec und andere nehmen die Welt aus“ – das passt allerdings zum Denkmuster des Energieexporteurs USA. Auch an dieser Stelle müssen viele der Diplomaten lachen.

Nicht nur im imposanten Rundsaal wird deutlich: Die Welt will sich die Vorgaben aus dem Weißen Haus in dieser Form nicht mehr gefallen lassen.

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