New York/Washington – Die ersten Lacher und geschüttelten Köpfe gab es nur 60 Sekunden, nachdem Donald Trump am Dienstag seine rund 35 Minuten dauernde Rede vor den Vereinten Nationen begonnen hatte. Dann, als der US-Präsident die Errungenschaften seiner Amtszeit aufgezählt und behauptet hatte, in dieser Zeit – weniger als zwei Jahre – mehr als jede andere Regierung der Vereinigten Staaten geschafft zu haben, hielten sich die rund 130 Staatsoberhäupter und auch die deutsche Delegation um Außenminister Heiko Maas nicht mehr mit Gelächter zurück. Es war einer der peinlichsten Augenblicke, seit Trump im Januar 2017 auf dem Kapitolshügel eingeschworen worden war – und US-Fernsehsender wiederholten gestern die Reaktionen auf das ungenierte Eigenlob des Präsidenten in stündlichen Abständen. Auch, weil die Szenen in der Halle der UN-Generalversammlung voller Ironie steckten: Denn im Wahlkampf und auch später lamentierte Trump immer wieder, sein Vorgänger hätte die USA zur Lachnummer der Welt gemacht. Am Dienstag war er selbst eine.
Gestern wollte sich Trump, nachdem er eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats geleitet hatte, in New York den Fragen von Reportern stellen. Eine der absehbaren Fragen hatte er am Vortag bereits zu beantworten versucht: Ob ihn die Lacher getroffen oder beeindruckt hätten? Der US-Präsident versuchte die Demütigung später mit der Bemerkung vom Tisch zu wischen, es sei stets seine Absicht gewesen, die Anwesenden zum Lachen zu bringen. Eine angesichts des Inhalts der Rede ganz und gar unglaubwürdige Behauptung.
Im Übrigen war die Gespött provozierende Ansprache, so sahen es die meisten US-Medien gestern übereinstimmend, in großen Teilen fehl am Platz gewesen. Sie ähnelte gerade zu Beginn einer typischen Wahlkampfrede vor Fans, wie sie Trump gerne in Iowa oder Pennsylvania hält, wenn er sich mit der niedrigen Arbeitslosenquote, dem Wirtschaftswachstum und den Rekorden an der Wall Street rühmt. Beobachter nehmen an, dass Trump seinen Redenschreibern widersprochen hatte und darauf bestand, die für das internationale Publikum ungeeigneten Aspekte vorzutragen, bevor er dann betonte: Seine „America first“-Doktrin sei viel wichtiger als „die Ideologie des Globalismus“.
Trump habe sich der Lächerlichkeit preisgegeben, kommentierte die „New York Times“ gestern den misslungenen Auftritt. Wer den Schaden hat, muß für den Spott nicht sorgen – diese Weisheit bewahrheitete sich auch bei den „Late Night“-Sendungen. Moderator Conan O‘Brien lästerte im Sender TBS: Trump sei deshalb wütend über die Reaktionen im Glaspalast am East River, weil er versehentlich einmal Ausländer glücklich gemacht habe. Jimmy Kimmel formulierte bei ABC, Trump bei seiner UN-Rede zuzuschauen, sei so gewesen, als ob ein betrunkener Onkel bei einer Hochzeit das Mikrofon für eine spontane Ansprache ergreifen würde.
Trump wird selbst dieses späte Lästern allerdings nicht mitbekommen haben: Er schaut, wie Insider beschrieben haben, abends vom Bett aus stets seinen konservativen Lieblingssender „Fox News“, in dem sich nur selten Kritiker am Präsidenten finden. Und schon gar keine Lacher. Friedemann Diederichs