Brinkhaus wirbelt Berlin durcheinander

Hoffnung für die Mitte

von Redaktion

Kurz bevor die Kanzlerin am Dienstag in die Fraktion eilte, um dort den dramatischen Sturz ihres Freundes Volker Kauder mitzuerleben, hatte sie einen Auftritt beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Schon der war denkwürdig: Selten zuvor hat die Wirtschaft ihrem Ärger über die Selbstbeschäftigung der Politik, über steigende Strompreise, langsames Internet und generell den fehlenden Blick auf ökonomische Herausforderungen so freien Lauf gelassen. Auch im Mittelstand keimt mit der Wahl des mutigen Herausforderers Ralph Brinkhaus zum Unions-Fraktionschef nun neue Hoffnung, dass die Politik die arbeitende Mitte der Gesellschaft endlich wieder entdeckt. Denn anders als Kauder, dessen Anspruch sich darin erschöpfte, Merkel die Mehrheiten (für was auch immer) zu organisieren, ist Brinkhaus überzeugter Wirtschaftspolitiker mit regem Interesse an der Steuerpolitik und ausgewiesener Gegner einer Ausweitung der europäischen Rettungspolitik; und es war maßgeblich der Wirtschaftsflügel, der ihn ins Amt beförderte.

Schon träumt man in CDU und CSU von mehr Merz und weniger Merkel. Für die Bundespolitik, die es sich zu sehr angewöhnt hat, nur noch über Minderheiten mit und ohne Migrationshintergrund zu reden, wäre das nach Langem wieder eine gute Nachricht. Viel wird von der neuen Machtarchitektur in der CDU abhängen, davon, ob eine(r) den Mut hat, Merkel auf dem Parteitag im Dezember auch noch den Parteivorsitz streitig zu machen. Dann könnte spätestens nach der Europawahl im Mai 2019 der Weg frei sein für den notwendigen Neuanfang in der Regierung. Der erste Schritt für eine Erneuerung der Union ist getan. Weitere sind erforderlich, damit sich die klassische Mitte jenseits der neuen linken Mittigkeit von Merkel, GroKo und Grünen wieder Gehör verschaffen kann.

Georg Anastasiadis

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