Die CSU und ihr Vorsitzender

Seehofer-Dämmerung

von Redaktion

In all den Analysen über eine Kanzlerdämmerung ist fast ein wenig untergegangen, dass die Kauder-Abwahl durch die Unionsfraktion auch ein schwerer Schlag für die Spitze der CSU war. Alexander Dobrindt hatte kurz zuvor nochmals zur Wahl des Merkel-Vertrauten aufgerufen – die Abgeordneten folgten ihrem Landesgruppenchef aber nicht. Noch schlimmer trifft das Votum Horst Seehofer, der als Parteichef nach dem Maaßen-Spektakel weiter an Rückhalt in den eigenen Reihen verliert.

Inzwischen befindet sich die CSU in einer bizarren Situation: Seehofers Tage als Parteichef sind gezählt. Immer wahrscheinlicher scheint, dass der 15. Oktober zum Tag der Abrechnung mit dem Vorsitzenden wird, um den es trotz aller Verdienste sehr einsam geworden ist. Selbst einstige Weggefährten stufen den Bundesinnenminister inzwischen als Belastung im Wahlkampf ein. Der Aufbruch ins Neue, den die Stabübergabe an Markus Söder signalisieren sollte, verpufft. Trotzdem traut sich keiner, den unschönen Sturz noch vor der Wahl anzuzetteln.

Dies liegt auch an der ungeklärten Nachfolge. Dobrindt ist geschwächt, hat kaum Bataillone und fährt den zuletzt intern kritisierten hart-konservativen Kurs Seehofers. Markus Söder hätte – sollte sich das Wahldebakel in Grenzen halten – ein natürliches Zugriffsrecht. Doch der Ministerpräsident zögert, auch weil er sich nicht die Berliner Koalitionsdramen ans Bein binden will. Und Manfred Weber gilt manchen als zu europäisch und Merkel-freundlich. Die Wahl des neuen Chefs ist also auch mit einer politischen Richtungsentscheidung verbunden. Für eine zuletzt orientierungslose Partei ein schwieriges Unterfangen.

Mike Schier

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