Chemnitz – Chemnitz will den Tag der Deutschen Einheit mit einem „Fest für Toleranz und Demokratie“ begehen. Doch während die lokale Wirtschaftsförderung gemeinsam mit Vereinen aus der Kultur- und Jugendarbeit Stände und ein Bühnenprogramm organisiert, bereitet sich in der Stadt auch eine Gruppe von Rechtsextremisten auf den Tag vor. Dass die Szene gewaltbereit ist, war schon im Vorfeld klar. Wie konkret die Gefahr offenbar ist, zeigen die Ereignisse von Montag.
Da nämlich haben Polizisten in Sachsen und Bayern sieben Männer wegen des Verdachts der Bildung einer rechten Terrorgruppe festgenommen. Die Gruppe namens „Revolution Chemnitz“ habe am 3. Oktober zuschlagen wollen, teilte die Bundesanwaltschaft am Montag mit. Details zu Anschlagsplanungen gab es noch nicht. Die Mitglieder sollen jedoch bewaffnete Angriffe auf Ausländer, Journalisten und Politiker geplant haben. Die Männer hatten sich demnach um halbautomatische Schusswaffen bemüht und wollten mit Gewalt gegen den Rechtsstaat kämpfen.
Nach bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an. Sie sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben. Den Ermittlungen zufolge hatten sie sich spätestens am 11. September 2018 als Gruppe zusammengeschlossen. Die Polizei durchsuchte mehrere Wohnungen sowie weitere Räumlichkeiten im Raum Chemnitz. Dabei wurden unter anderem Schlagstöcke, ein Luftdruckgewehr und Speichermedien gefunden. Bayern ist nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen nur involviert, weil einer der Sieben dort auf der Durchreise festgenommen wurde.
In Chemnitz hatte es Ende August und im September fremdenfeindliche Übergriffe und Proteste gegeben. Auslöser war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande eines Stadtfestes. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber. Es folgten von Hooligans angeführte Demonstrationen und sogenannte Trauermärsche, bei denen es zu ausländerfeindlichen Übergriffen und Hitlergrüßen kam. Ein Video, das eine kurze Jagdszene zeigt, löste eine Debatte über den Begriff „Hetzjagd“ aus.
Noch am Montag wurden vier der Terrorverdächtigen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Darunter ist auch die mutmaßliche Führungsfigur, Christian K., 31 Jahre alt. Sie kamen in Untersuchungshaft. Die vier anderen Männer werden heute dem Richter vorgeführt.
Zusammen mit den Behörden in Sachsen werde man nun klären, wie weit die Vernetzung gehe und ob die Beschuldigten an den Ausschreitungen in Chemnitz beteiligt waren, hieß es aus Karlsruhe. Christian K. war bereits am 14. September wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden und sitzt seither in U-Haft. Wie K. sollen auch fünf der nun Festgenommenen am 14. September mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroschocker in Chemnitz Ausländer angegriffen und verletzt haben. Die Täter hätten sich laut Zeugenaussagen als Bürgerwehr definiert. Am 15. September hatten die Behörden in Chemnitz mitgeteilt, es seien 15 Mitglieder einer selbst ernannten Bürgerwehr vorläufig festgenommen worden.
Nach den Festnahmen warnte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vor einer generell unverändert hohen Terrorgefahr. Zugleich begrüßte er die Festnahmen. „Das ist die Realisierung unseres Grundsatzes ,null Toleranz gegenüber Rechtsradikalen und Rechtsextremisten‘.“ Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Von rechtem Terror geht reale und große Gefahr aus.“ Hooligans, Skinheads und Neonazis schlössen sich zu gefährlichen Gruppen zusammen, um mit schweren Gewalttaten Angst und Hass zu verbreiten.