Vatikanstadt – Kardinal Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Versammlung, nimmt es vorweg: „Es ist geradezu Vorsehung, dass die Synode in diese schwierige Situation fällt.“ Und tatsächlich: Allein die Tatsache, dass das Ereignis allen Widrigkeiten zum Trotz stattfindet, wird von Beobachtern im Vatikan als Erfolg für Papst Franziskus verbucht. Schwer lasten die vielen Enthüllungen über pädophile Geistliche, sexuelle Übergriffe, geheime Netzwerke und Vertuschung quer durch alle Hierarchie-Ebenen bis hinauf in den Kreis der Kardinäle.
Einige prominente Kirchenvertreter hatten den Papst zuletzt daher aufgefordert, die am Mittwoch beginnende Synode abzusagen. Die Voraussetzungen für eine fruchtbare Beschäftigung mit dem Thema Jugend sei momentan nicht gegeben, befand etwa der Erzbischof von Philadelphia, Joseph Chaput. Die Glaubwürdigkeit der Kirche sei dafür zu schwer beschädigt. Dazu kam das sogenannte „Viganò-Dossier“, in dem der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA Papst Franziskus persönlich beschuldigte, Kardinal Theodore McCarrick – den als notorischen Belästiger entlarvten früheren Erzbischof von Washington – gedeckt zu haben.
„Eine Absage der Synode in dieser prekären Lage wäre einer Niederlage gleichgekommen, einem Eingeständnis moralischer Schwäche“, hält ein deutscher Kurienprälat dagegen. „Franziskus will das Heft des Handelns in der Hand behalten.“ Mit einer Absage des Treffens hätten gerade diejenigen Kreise einen Sieg davongetragen, die sich jeglicher Veränderung widersetzen und denen der Dialog mit den Laien ohnehin ein Dorn im Auge sei, heißt es aus dem Umfeld des Papstes.
Ähnlich wie bei der Familien-Synode vor zwei Jahren setzt der Pontifex auf die Aussagekraft und das Zeugnis der jungen Teilnehmer aus Reihen der Laien. Sie wurden bereits in die Vorbereitungen eingebunden und ermutigt, ungeschminkt über ihre Lebenswirklichkeit zu berichten. Offen solle diskutiert werden, so der Wunsch von Franziskus, angstfrei und ohne falsche Scheu. So gab es auch diesmal im Vorfeld eine schriftliche Umfrage unter den Gläubigen in aller Welt; sie soll nach dem Willen des Papstes Pflicht vor allen künftigen Synoden werden.
Die Ergebnisse flossen in das „Instrumentum Laboris“, das Arbeitspapier für die Bischöfe, ein. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Kapitel „Geistliche Berufungen“. Warum wenden sich immer weniger Jugendliche dem Priesterberuf zu, warum geht vielen Orden der Nachwuchs aus? Ist der Zölibat noch zeitgemäß? Längst betreffen diese Fragen nicht mehr nur den alten Kontinent. Hinter den Kulissen wird seit Jahren heftig um die Frage gerungen, ob „Viri Probati“, moralisch erprobte, verheiratete Männer, zum Priesteramt zugelassen werden sollten. Auch das ständige Diakonat für Frauen (in der frühen Kirche bis etwa ins Jahr 1000 Usus) scheint in Reichweite, seit der Papst vor gut einem Jahr eine historische Prüf-Kommission einsetzte.
Doch noch haben die Erneuerer die Rechnung ohne die Traditionalisten gemacht. Wie stark deren Reihen noch sind, auch das wird sich im Verlauf der kommenden vier Wochen zeigen.
Ingo-Michael Feth