CSU-Vorstand rügt Seehofer

Vorbote fürs große Beben

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Seehofers unglücklichem Vorgänger Erwin Huber verdankt die CSU eine Erkenntnis von so zeitloser Schönheit, dass mancher in der Partei sich ihrer schon bald wieder entsinnen dürfte: „Der Sündenbock ist kein Herdentier.“ Bereits vor 2000 Jahren wurde die arme Kreatur, symbolisch beladen mit den Sünden des Volkes Israel, in die Wüste geschickt, um dort ihr trauriges Ende zu finden. Nur wenig besser erging es dem Niederbayern Huber 2008 nach dem Verlust der absoluten CSU-Mehrheit.

Sünder gibt es auch in der heutigen CSU, übrigens in gar nicht so geringer Zahl. Doch schon jetzt bestehen wenig Zweifel, wem die Partei eine mögliche Wahlklatsche am 14. Oktober mit alttestamentarischer Strenge anzulasten gedenkt: ihrem Chef Horst Seehofer. Der beklagt sich schon jetzt, dass man sich einen Sport daraus mache, ihm die Schuld an allem Möglichen in die Schuhe zu schieben. Deshalb dürfte ihn auch der laute Beifall nicht überrascht haben, der gestern im CSU-Vorstand aufbrandete, kaum dass sich die Tür hinter ihm geschlossen und Barbara Stamm zur Seehofer-Kritik angehoben hatte.

Szenen wie diese sind Vorboten, kleine Beben, die das große ankündigen. Zur Ironie der Geschichte gehört, dass neben Seehofer auch dessen Erzgegnerin, die Kanzlerin, den Oktoberwahlen in Bayern und Hessen entgegenzittern muss. Eine heftige Niederlage könnte ihren Anspruch, im Dezember wieder nach dem CDU-Vorsitz zu greifen, in Trümmer legen. Das wäre dann ein wahrhaft furioses Ende eines Titanenkampfs, wie ihn die deutsche Politik seit Kohl und Strauß nicht mehr erlebt hat.

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