Den Putsch gegen Theresa May hat Boris Johnson verschoben. Nicht, weil das Enfant terrible der britischen Politik keine Lust mehr auf den Posten des Premierministers verspürte. Ganz im Gegenteil. Aber seine politische Kraft reicht – derzeit – nur zur großen „Boris-Show“, nicht aber zum Sturz der regierenden Lady.
Das demonstrative Selbstbewusstsein Theresa Mays auf dem Parteitag in Birmingham speist sich aus der Erkenntnis, dass sie momentan die einzige ist, die die in drei Lager tief gespaltene Tory-Partei zusammenhalten kann: den Flügel, dem ihr Brexit-Kurs viel zu weich ist; jene Gruppe, die ihren Chequers-Plan unterstützt; und die Europatreuen, die, wenn nicht den Salto rückwärts zur EU, dann aber immerhin ein zweites Referendum zum Brexit angesichts der erkennbaren Realitäten fordern. Sie alle eint ein Problem: Stürzt May, kommt es zu Neuwahlen – und die könnten für die Konservativen den totalen Verlust der Macht bedeuten. Das diszipliniert.
Mit ihrer Ankündigung, EU-Bürgern künftig keine Privilegierung bei der Zuwanderung mehr zu gewähren, streichelt May den Brexit-Hardlinern den Bauch und mit dem Versprechen, die besten Tage Großbritanniens kämen erst noch, die Seele der verunsicherten Bürger weit über ihre Partei hinaus. Aber dieses Versprechen muss mit einem Deal mit Brüssel unterfüttert werden. Bis zum EU-Gipfel hat May noch 14 Tage Zeit.
Alexander.Weber@ovb.net