München – Der Wahlkampf geht in die Schlussphase – die Kandidaten hasten von Termin zu Termin. Das Programm ist mörderisch. Doch Entspannung nach dem 14. Oktober ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Von Tag zu Tag werden die Szenarien für den Herbst immer wilder.
Die jüngste Umfrage – Infratest dimap für die ARD, gestern Abend veröffentlicht – sieht eine unübersichtliche Koalitions-Lage. Die CSU (33 Prozent) könnte demnach nur mit den Grünen (18) gemeinsam ein Zweierbündnis formen, dazu wären breite ideologische Gräben zu überwinden. Die Alternative: ein Dreierbündnis von CSU, Freien Wählern (11) und FDP (6).
Vermutlich wird sich die CSU in den Tagen nach der Wahl Schwarz-Grün und das Dreierbündnis gleichermaßen offen halten wollen. FW-Chef Hubert Aiwanger treibt bereits die Sorge um, Markus Söder könnte sie gegeneinander ausspielen. Die Grünen brauchen aber binnen weniger Tage Klarheit, ob es echt zu Koalitionsverhandlungen kommt: Für Sondierungen mit der CSU hätte das Spitzenduo Katharina Schulze/Ludwig Hartmann noch grünes Licht. Doch um Koalitionsverhandlungen zu führen, brauchen sie den Beschluss des Parteitags – und der steht nur sechs Tage nach der Wahl an, in Regensburg. Hartmann, der sich bisher zurückhaltend äußerte, sieht Regierungsoptionen nun nahen. „Die Tür zu einer moderneren, gerechteren und ökologischeren Politik für Bayern hat sich einen Spalt geöffnet.“
Gegen schnelle Verhandlungen spricht allerdings, dass nach der Wahl in der CSU ein Erdbeben mit Rücktritten droht. Dass Parteichef Horst Seehofer vor dem Sturz steht, ist in der CSU weitgehend Konsens. In der aktuellen Umfrage sind mit ihm persönlich nur noch 28 Prozent der Bayern zufrieden (selbst Kanzlerin Angela Merkel kommt hier auf 42 Prozent). Ob im aktuell extremen Tief doch auch Söder in Frage gestellt wird, beurteilen sie in der Partei unterschiedlich. Das dürfte sich an den Tagen gleich nach dem Wahlsonntag entscheiden. Da kommen in rascher Folge der Parteivorstand (Montag), der alte Fraktionsvorstand (Montag) und die neue Fraktion (Dienstag) zusammen.
Söder wie Seehofer wollen eine ausufernde Personaldebatte naturgemäß vermeiden, zumindest über die jeweils eigene Person. Sie betonen deshalb bei jeder Gelegenheit derzeit, wie eng der Zeitplan nach der Wahl sei und wie diszipliniert man da arbeiten müsse. Die äußeren Vorgaben: Spätestens drei Wochen nach der Wahl kommt der neue Landtag zusammen, bei Maximalausnutzung der Frist dürfte das der 5. November sein. Eine Woche später soll der neue Ministerpräsident gewählt werden. Klappt das wiederholt nicht, müsste laut einschlägigen Verfassungskommentaren sieben Wochen nach dem Wahltermin, das wäre am 3. Dezember, der Landtag aufgelöst werden.
Chaos, Neuwahlen oder sogar eine Regierung gegen die CSU: Darüber wollen Söders Strategen in den kommenden Tagen nun offensiv reden und das Bedürfnis nach Stabilität wecken. Auch über die rechnerisch mögliche, wenn auch politisch unwahrscheinliche grün geführte Regierung mit SPD, Freien Wählern und FDP – gegen die CSU. „Bayern droht zu kippen“, sagt Generalsekretär Markus Blume. Für CSU-Mann Söder spricht immerhin, dass er mit 46 Prozent Zufriedenheitvor Aiwanger (33), Natascha Kohnen (SPD, 24) und dem Duo Schulze/Hartmann (19/ 16) liegt. cd/mik