Merkel schlägt in Israel neuen Ton an

von Redaktion

Kanzlerin und Minister zu Konsultationen in Jerusalem – Netanjahu: „Grauen der Vergangenheit überwunden“

Jerusalem – Das Verhältnis zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gilt als gespannt. Doch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Jerusalem schlagen beide am Donnerstag neue Töne an. Die Stimmung wirkt zeitweise fast gelöst. Merkel habe echtes Engagement für die Stabilität in Nahost gezeigt und er schätze das sehr, lobt Netanjahu. „Deutschland und Israel haben die Grauen der Vergangenheit überwunden.“ Ihr Beispiel könne „allen Menschen auf der Welt Hoffnung machen“.

Die Differenzen, vor allem in den Fragen des Iran-Abkommens und der Zukunft der Palästinenser, bleiben bei den siebten gemeinsamen Regierungskonsultationen der beiden Länder zwar bestehen. Doch etwas ist dieses Mal anders. Anstatt etwa darauf zu beharren, dass an dem Atomabkommen mit dem Iran festgehalten werden müsse, betont Merkel Verständnis für die Situation Israels. Natürlich habe sich die Bedrohungslage durch die iranischen Truppen im syrischen Bürgerkrieg, die quasi auf der anderen Seite der Golanhöhen stehen, massiv erhöht, sagt die Kanzlerin.

Die israelische Seite lässt keinen Zweifel daran, was sie von ihren Partnern erwartet. „Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden“, hält Präsident Reuven Rivlin Merkel bei einem gemeinsamen Essen entgegen – und verlangt von Europa neue Sanktionen gegen Teheran. Deutschland sehe, unter welchem Druck Israel stehe, versichert die Kanzlerin.

Der Dissens aber, auf welchem Wege eine nukleare Bewaffnung des Iran verhindert werden kann, bleibt. Das Atomabkommen auflösen und neu und härter verhandeln? Oder am Abkommen festhalten, um zumindest vorübergehend eine Verschnaufpause zu haben?

Und so versuchen Merkel und Netanjahu, im zehnten Jahr der gemeinsamen Konsultationen konstruktiv nach vorne zu schauen. Dazu gehört die Vereinbarung einer engeren Zusammenarbeit in Wirtschaft und Wissenschaft. Merkel schwärmt geradezu, dass sich in Israel – trotz dieser Bedrohungslage – eine „lebendige und dynamische“ Start-up-Szene entwickelt habe. Man könne hier mehr von einander lernen. Netanjahu schwärmt vom Beginn einer neuen Phase in den deutsch-israelischen Beziehungen.

Diese Beziehungen werden stets besonders bleiben. Das unterstreicht Merkel am Donnerstag in Jerusalem mehrmals. Und das liegt an der deutschen Verantwortung für den Holocaust. Der stärker werdende Antisemitismus in Deutschland bereitet vor diesem Hintergrund auch Israels Politikern Sorgen. Auch wenn Netanjahu Merkel wegen ihres Engagement lobt – und zur Ernennung von Felix Klein zum ersten Antisemitismusbeauftragten gratuliert. Ein gemeinsames Jugendwerk soll nun dafür sorgen, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird. S. LEML/R. MAYR

Artikel 2 von 11