In der CSU hat der offene Kampf begonnen, wer am Wahlabend die Schuld übernehmen soll. Nun ja – immerhin eine ehrliche Einsicht, was da am Sonntag naht. Doch leider ist die Schuldfrage nicht einfach zu klären, zu verworren ist die Fehlerkette. Horst Seehofers Versuch, achselzuckend auf Söder in München zu deuten, um politisch zu überleben, ist jedenfalls schlicht bizarr.
Als Parteichef hat Seehofer den CSU-Schlingerkurs beim Asyl zu verantworten, diese rätselhafte Abfolge aus Boxschlägen und Bücklingen für Kanzlerin Merkel – die erst Wähler rechts und dann in der Mitte verprellte und die Kurswende verdeckte, die die CSU tatsächlich erzwungen hat. Seehofer hat auch die Machtübergabe in München vergurkt, zu spät das Feld geräumt. Wer Söder so arg ablehnt, hätte ihn entweder verhindern müssen – oder früher einsehen, dass der jüngere Rivale stärker ist und mehr Ideen fürs Land mitbringt. Dann hätte man ihm aber mehr als mickrige sechs Monate lassen müssen. Zumal Seehofer diese Zeit noch mit aberwitzigen Alleingängen wie seinem Doch-nicht-Rücktritt überschattete – so massiv, dass sie in der CSU von Sabotage reden. Söder wiederum ist anzulasten, dass er zu sehr als One-Man-Show auftritt, nicht fehlerfrei arbeitete (Kreuz-Foto, Asyldebatte), vielen Bayern nicht sympathischer wurde.
Nach der politischen Logik müssten beide stürzen. Söder schützt vorerst, dass kein besserer Kandidat in Sicht ist. Er hat sich Loyalitäten geschaffen, auch durch ein irres Arbeitspensum, während sich sein Parteichef alle paar Tage mal zu ein bisschen Wahlkampf aufrafft. Falls Seehofer im Raumschiff Berlin nicht das Gehör für seine Partei verloren hat, wird er Schleifgeräusche vernehmen: Das Messerwetzen und Schildchenmalen läuft wieder gegen ihn. Es sieht so aus, als könne ihn nur ein Wunder retten, 40 plus X vielleicht, also mehr als jene traurigen 38 Prozent, mit denen er in München übergab.
Christian.Deutschlaender@ovb.net