München – Im Stadttheater Ingolstadt steht im Oktober die Premiere der Operette „Frau Luna“ auf dem Spielplan. Es geht darin viel um die „Berliner Luft“, außerdem um einen Kerl, der unbedingt ein Raumfahrtprogramm starten will. Nur heute Abend ist leider keine Vorstellung möglich, da ist das Theater nämlich anderweitig gebucht. Auch da geht es um „Berliner Luft“ und um einen Kerl, der unbedingt ein Raumfahrtprogramm starten will.
In Ingolstädter Theater ist für 19 Uhr ein gemeinsamer Wahlkampfauftritt von CSU-Chef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder angesetzt. Dass die beiden Rivalen ab und zu einen Doppeltermin absolvieren, lässt sich in der Wahlkampf-Planung nicht ganz umgehen, man sah sich auch in der Strauß-Gruft in Rott und wird die Abschlusskundgebung am Freitag in München gemeinsam bestreiten. Der Theater-Termin hat nun aber besondere Brisanz, denn seit Tagen verschärfen sich die Attacken untereinander. Beide bauen vor für den Wahlabend und weisen sich wechselseitig die Verantwortung für das CSU-Tief zu.
Am Mittwoch in Rott sagte Seehofer auf Fragen nach seiner Mitschuld, er könne in Bayern keine Wahlplakate von sich sehen. Soll heißen: Zur Wahl steht Söder. Am Donnerstag sah man Söder bei einem Forum der „Bild“ in Nürnberg: Auf die Frage, wie oft er sich jeden Tag über Seehofer ärgere, kratzte er sich am Ohr und hob zu einer bewusst vieldeutigen Antwort an. „Ich ärgere mich generell ungern“, begann er. „Sagen wir mal so: Der Streit in Berlin (…) – interner Streit schadet immer.“ Am Freitag sagte Seehofer in mehreren Interviews, die Strategie mache Söder. Und der Ärger um die Asylpolitik sei mit Söder genau abgesprochen gewesen. „Nur vorsorglich weise ich darauf hin, dass wir in der Asylpolitik alles gemeinsam gemacht haben.“ In der CSU ist allerdings niemand zu finden, der von Seehofers Rücktritts-Drohung am 1. Juli vorab wusste. Am Samstag verbreitete der „Spiegel“, im CSU-Vorstand bereiteten Seehofer-Gegner einen Beschluss vor, den Parteichef – sollte er nicht zurücktreten – von Koalitionsverhandlungen in Bayern auszuschließen.
Das sind politische Drohgebärden – das Vorspiel für die Tage ab Sonntagabend, wenn die CSU die Schuldfrage klärt und eine neue Aufstellung suchen muss. In der Partei wird das gemischt aufgenommen. Dass Seehofer auf der Kippe steht, ist in München weitgehend Konsens (in der Landesgruppe in Berlin nur teilweise). Gleichzeitig mahnen führende CSU-Leute aber, noch ein paar Tage Disziplin zu wahren. Generalsekretär Markus Blume etwa sagt: „Ich kann nur raten, jetzt alle Kraft auf das Überzeugen der noch unentschlossenen Wähler in Bayern zu konzentrieren und sich nicht mit anderen Fragen zu beschäftigen.“ Man darf das als Ordnungsruf auch an den Parteivorsitzenden verstehen. Auch Vize-Ministerpräsidentin Ilse Aigner äußert sich ähnlich.
Wie gut ist da, dass sich Blume, Aigner, Söder und Seehofer alle für den Auftritt heute in Ingolstadt angemeldet haben. Großes Theater. cd